[DE] Als Aktivistin vor Schmerz schreit, schreitet Passant ein
Ich finde es traurig dass es nicht mal unsere Polizei hin bekommt in einem solchen, relativ ruhigen Konflikt, professionell zu bleiben von Verhalten und Ton her. Hier wirft niemand mit Steinen auf die Polizeit, keiner beleidigt sie,... und dennoch sind sie nicht in der Lage das ganze ohne Schmerzen und Beleidigungen zu lösen.
Selbst wenn man mal die Diskussionaußen vorlässt, inwiefern diese Demonstranten insgesammt gegen das Gesetz verstoßen, sie leisten ganz sicher keinen aktiven Widerstand gegen die Polizei. Die Erfahrungen zeigen, dass keiner dieser Aktivisten aktiv Gewalt anwenden wird. Es geht keinerlei Bedrohung gegen die Polizisten aus und ich sehe hier keinen professionellen Grund, der irgendwelche Schmerzgriffe erfordert. Ein reines Wegtragen hätte als Maßmahme völlig ausgereicht und wenn der Polizist, dass nicht erkennt, dann liegt meiner Ansicht eine deutliche Fehleinschätzung vor (falls jemand mit genug Ahnung mich berichtigen und einen professionellen Grund nennen kann, lasse ich mich gern berichtigen).
Das lässt die Frage offen, ob alle anwesenden Polizisten einfach nur wirklich wirklich schlecht in dem sind, was sie tun, oder ob sie bewusst überzogene Gewalt anwenden.
Eine funktionale Polizeibehörde würde nach Sichtung dieses Videos dienstliche Konsequenzen für die beteiligten Polizisten ziehen und in Frage stellen, wie so jemand die Uniform, Marke und Waffe überhaupt bekommen hat. Angesichts der vergangenen Vorkommnisse, bezweifle ich sowas stark.
Wenn ich das richtig verstanden habe, dann ist die Polizei eigentlich verpflichtet so wenig Gewalt wie möglich anzuwenden, um ihr Ziel zu erreichen. Das sehe ich hier nicht.
Frage mich, wie man zu zweit nicht in der Lage sein kann eine Person, die sich nicht wehrt, schmerzfrei von der Straße zu tragen? Da kann man nur froh sein, dass die keine Sanitäter geworden sind...
Manche Ausbilder lehren immer Schmerzgriffe anzuwenden um Menschen zu räumen, weil das richtige Wegtragen von Demonstranten natürlich gefährlich für die Polizisten ist, könnten sich ja was zerren.
Die Beleidigungen des einen Polizisten sind dann auch noch so ein Ding.
Die Polizei vertritt das Gewaltmonopol des Staates und hat nicht in so einer Art und Weise zu äußern.
Auch geil, dass der Passant für Focus entweder Mitglied der Letzten Generation oder ein Sympathisant derselben sein muss.
Scheinbar unvorstellbar für alle an diesem Beitrag beteiligten Journalisten, dass ich auch als völlig unbeteiligter Dritter an so einer Situation vorbeikommen und das Rückgrat für Zivilcourage gegen unangemessene Polizeigewalt haben kann.
Soweit die Clips das ganze Bild richtig darstellen, hat der Passant auf jeden Fall Lob und Zuspruch für sein Handeln verdient.
Wenn man sich die Kommentare auf der Focus Website anschaut (nicht empfehlenswert), dann hat das Zielpublikum krasseste Gewaltfantasien und würde die Polizei noch zu mehr Gewalt auffordern. Wenn man sich als Journalist in so eine Blase begibt, dann ist natürlich jeder, der es nicht geil findet wehrlose Menschen zu misshandeln schon ein Linksextremer.
Ich halte es für schon interessant, wie gleich gefragt wird, ob der Passant auch zur Letzten Generation gehört. Wenn ich nicht aktives Mitglied bin, darf ich mich nicht gegen Polizeigewalt einsetzen?
Leider werden solche Anzeigen immer wieder wegen angeblichen Mangels an öffentlichem Interesse eingestellt. Die Staatsanwälte haben bei solchen Vergehen leider ziemlich freie Hand. Du musst erstmal jemanden finden, der sowas durchkämpft und damit riskiert die Wut derer auf sich zu ziehen, mit denen sie Tag für Tag zusammenarbeiten müssen. Genau dieser Punkt ist eine ungeheure Schwäche unserer Justiz und Exekutive und einer der Hauptgründe, warum Polizisten quasi nie angeklagt, geschweige denn verurteilt, werden.
Meiner Erfahrung nach ist das keine spontane, individuelle Entscheidung der Beamten, die die Maßnahmen durchführen. Die zögern nicht, die wägen nicht ab. Die Kollegen nebendran sind nicht verwundert, sind nicht teilweise anderer Meinung. Das hat immer gewirkt wie eine koordinierte Einheit mit einem klaren Auftrag, was zu tun ist ("Schmerzgriffe, falls sie nicht freiwillig gehen"), und was zu lassen ist ("Wir tragen niemanden weg").
Ich bin mir ziemlich sicher, dass das keine Mißgeschicke sind, die der Apparat leider nicht besser im Griff hatte. Im Gegenteil, das ist eher gezielt eingesetzte Repression, um abzuschrecken. Es tut halt wirklich brutal weh, körperlich wie seelisch. Das an sich selbst zu erleben oder an Freunden zu sehen, kann traumatisieren. Natürlich spielt das eine Rolle bei den Fragen "Lohnt sich das? Will ich das? Kann ich das?".
Im Kalkül der anderen Seite sind Schmerzgriffe taktisch wie strategisch interessant. Taktisch bist du schonender mit deinen Leuten. Ein Beamter kann an 100 Leuten Schmerzgriffe durchführen, ohne selbst körperlich Schaden zu nehmen, aber vermutlich nicht 100 Leute wegtragen. Strategisch hast du wegen der abschreckenden Wirkung vielleicht langfristig weniger Arbeit.
Frust und Gewalt-/Überlegenheitsfantasien bei Menschen, die hochwahrscheinlich nur Polizisten wurden, um macht zu bekommen. Also genau die, die sofort aus dem Dienst fliegen sollten.
Ich bin mir nicht sicher dass diese "Problemfälle" tatsächlich Fehler sind die die zuständigen Stellen mit der angemessenen Stärke zu verhindern versuchen.
Man muss nicht bei der Polizeiausbildung sagen "und der letzten Generation ordentlich den Arm verdrehen!" um solche Ergebnisse zu erreichen.
Es reicht hin und wieder eine Nachforschung zur Gewalt in Amt ein bisschen langsamer als notwendig zu machen, als verantwortliche Person ein bisschen weniger oft nachzufragen was passiert als das bei anderen Themen, bei der Ausbildung vielleicht doch nicht ein extra Kapitel zur Angemessenheit der Gewalt hinzuzufügen sondern das existierende von annodusemal unverändert beizubehalten, ...
Derlei "Verfehlungen" passieren viel zu häufig und durch die Bank in vielen verschiedenen Ländern dass ich schön langsam glaube dass sie zumindest leise geduldet oder sogar gezielt gewünscht sind von ausreichend hoch sitzenden Stellen.
Die Kurzform "ACAB" verliert halt da viele Nuancen, aber wenn der gemeine Bürger keine Professionalität von Polizisten erwarten kann, dann wird's halt immer schwieriger dagegen zu argumentieren.
Siehst du dort irgend ein Mitglied der Polizei, das etwas gegen die definitiv ungerechtfertigte Gewaltanwendung und Beleidigung durch die Polizei unternimmt?