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"Clankriminalität": So stigmatisierend sind die "Spiegel TV"-Dokus | Auswertung
uebermedien.de "Clankriminalität": So stigmatisierend sind die "Spiegel TV"-Dokus | Auswertung

Seit Jahren gehören "Clans" zu den Lieblingsthemen des Nachrichtenmagazins. Unser Autor hat 40 Sendungen ausgewertet und analysiert.

"Clankriminalität": So stigmatisierend sind die "Spiegel TV"-Dokus | Auswertung

Was wir Ihnen jetzt erzählen, klingt als sei deutscher Journalismus in der Hand dahergelaufener Stümper. Mitten unter uns leben gewissenlose Medienschaffende, die die Berichterstattung über Migration und Kriminalität nutzen, um eigenen Vorurteilen freien Lauf zu lassen. Willkommen in einer Parallelwelt, in der die Jagd nach Aufmerksamkeit mehr zählt als journalistische Prinzipien und gesellschaftliche Verantwortung.

So in etwa könnte die Anmoderation zu dieser Recherche lauten, wäre sie von „Spiegel TV“. Seit mehr als 30 Jahren steht das Magazin für investigative Recherchen und boulevardeske Zuspitzungen. Vor allem die Reportagen über sogenannte „Clans“ entzweien Fans und Kritiker: Die einen feiern sie als mutig und schonungslos. Die anderen werfen dem Format das Schüren rassistischer Vorurteile vor.

Worum geht es, wenn bei „Spiegel TV“ von „Clans“ die Rede ist? Wer kommt zu Wort, wer bleibt außen vor? Und welches Bild zeichnet das Format von Kriminalität in Deutschland? Für diesen Text wurden 40 Dokus aus den vergangenen zehn Jahren ausgewertet.

Bei „Spiegel TV“ gilt: „Clans“ = Kriminalität

Gemein war allen Sendungen ihr Schwerpunkt: Ist bei „Spiegel TV“ von „Clans“ die Rede, geht es immer um Kriminalität. Es gab keinen einzigen Beitrag über andere Aspekte – etwa zu Umständen von Migration oder den Verfehlungen von Integrationspolitik. Während sich Beiträge über Roma-Familien meist um den „Enkeltrick“ drehen, behandelt die „Spiegel-TV“-Berichterstattung über arabische Großfamilien Delikte sehr unterschiedlicher Art und Schwere. Die Vorwürfe reichen von Raubüberfällen und Gewalttaten bis hin zu Vertrags- und Nachbarschaftsstreitigkeiten. Häufig werden Fälle, die räumlich und zeitlich weit auseinanderliegen, dramaturgisch zu einem einheitlichen Bedrohungsszenario verwoben – ohne dass klar wird, was die Taten miteinander zu tun haben.

Migrantische Großfamilien und ihre Mitglieder werden bei „Spiegel TV“ explizit mit Kriminellen gleichgesetzt, zum Beispiel in den Titeln („Eine Familienbande auf Beutezug“, „Die fette Beute der Clans“, „Die Menschen-Abzocker“, „Eine kriminelle Dynastie.“), oder durch Moderation und Sprecher. In mindestens 30 von 40 Beiträgen finden sich Formulierungen, in denen Menschen mit bestimmten Familiennamen pauschal zu Kriminellen erklärt werden. Über eine polnische Roma-Großfamilie sagte die Off-Stimme 2018: „Der Goman-Clan hat viele Traditionen. Eine besteht darin, mit möglichst viel Aufwand möglichst viel Geld zu ergaunern.“ Die Großfamilie Abou Chaker wird in einer Dokumentation von 2020 als „Einbrecherfamilie“ und „kriminellster Clan schlechthin“ bezeichnet. In derselben Doku heißt es über die Mhalami-Großfamilie, der tausende Personen angehören: „Viele verstehen nur eine Sprache.“ Im selben Jahr ist in einem anderen Beitrag von der „Vorliebe der Remmos für diebische Aktivitäten“ die Rede.

Diffuse Bedrohung statt Aufklärung

Einordnungen und Hintergründe, die solchen Pauschalisierungen entgegenwirken könnten, fehlen in fast allen untersuchten Beiträgen. Generell bleibt der konkrete Erkenntnisgewinn zum Thema („Clan“)-Kriminalität in „Spiegel TV“-Beiträgen erstaunlich gering. Wie „Clankriminalität“ definiert wird und welche Straftaten das Phänomen umfasst, erfährt das Publikum meist ebenso wenig wie dass dieser Bereich der Kriminalität weniger als ein Prozent der Kriminalität in Deutschland ausmacht und nur ein Bruchteil der Mitglieder migrantischer Großfamilien in ihrem Leben kriminell werden. Nur in drei Fällen werden solche Kontexte erwähnt.

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Was durch das Fehlen solcher Kontexte entsteht, ist ein diffuses Bedrohungsszenario, scheinbar ausnahmslos schwerkrimineller und allmächtiger Familiennetzwerke. Auch dieses wird häufig dramatisiert. Im Teaser der 2020 ausgestrahlten Dokumentation „Die Macht der Clans“ heißt es zum Beispiel:

> „Kriminelle Clans und ihre Imperien sind mittlerweile zu einer Bedrohung für die deutsche Zivilgesellschaft geworden. Es haben sich Parallelgesellschaften etabliert, die nicht zu kontrollieren sind, in denen nicht mehr die Gesetze Gültigkeit haben, sondern nur noch das Recht der Stärke.“

Übermächtige „Clans“, ohnmächtiger Staat

Neben allmächtigen „Clans“ tritt in „Spiegel TV“-Beiträgen meist noch ein weiterer Akteur auf: der ohnmächtige Staat. Dieser – so die Erzählung – stehe den kriminellen Machenschaften der „Clans“ untätig, naiv oder überfordert gegenüber. Die Erzählung geschieht auf vielen Ebenen: durch Geschichten über zu geringe Haftstrafen und zu lasche Gesetze oder durch alarmistische O-Töne.

In 21 von 40 Beiträgen wird die Gegenüberstellung vom machtlosen Staat auf der einen Seite und den übermächtigen Großfamilien auf der anderen explizit durch Moderation oder Sprecher vorgenommen. In diesen Fällen gehen Formulierungen über konkrete und legitime Kritik an überlasteten Gerichte oder fehlenden Möglichkeiten von Ermittlung und Strafverfolgung hinaus und muten teils wie Verschwörungsmythen an. So endet die Dokumentation „Arabische Clans in Berlin“ von 2016 mit den Worten: „Berlin und die Parallelgesellschaft: Arabische Clans, die die Hauptstadt dominieren und ein Staat, der macht- und hilflos zusieht.“ In einem Beitrag über den „Remmo-Clan“ aus dem Jahr 2021 heißt es pauschal: „Das staatliche Gewaltmonopol ist auf die Clans übergegangen.“

Mehr Staatsvertreter als alle anderen zusammen

Trotz der Kritik an staatlichen Institutionen sind ihre Vertreter und Vertreterinnen in „Spiegel TV“-Beiträgen allgegenwärtig. Bei jeder zweiten interviewten Person handelt es sich um einen Mitarbeiter von Polizei, Staatsanwaltschaft, Gericht, anderen Behörden oder Politik. Alle interviewten Staatsvertreter bestätigten mit ihren Aussagen das Narrativ vom kriminellen „Clan“-Mitglied. Nur in zwei Fällen machten sie auch Aussagen, die im weitesten Sinn dem Narrativ widersprechen. In einem Beitrag über ein „Clan“-Mitglied, das seine Nachbarn terrorisieren soll, weist eine Berliner Gerichtssprecherin den „Spiegel TV“-Reporter zum Beispiel darauf hin, dass es sich – anders als von ihm dargestellt – nicht um eine Fall von „Clankriminalität“ handele.

Die befragten Staatsvertreter geben auch immer wieder Einschätzungen jenseits ihres unmittelbaren Kompetenzbereichs - zum Beispiel zu kulturellen, religiösen oder historischen Fragen. In anderen journalistischen Formaten übernehmen diese Rolle meist unabhängige Experten wie zum Beispiel Wissenschaftler. Auf diese trifft man in „Spiegel-TV“-Beiträgen allerdings kaum.

In der 2016 ausgestrahlten Dokumentation „Arabische Clans in Berlin“ klärt ein LKA-Beamter zum Beispiel nicht nur zum Stand seiner Ermittlungen auf, sondern auch darüber, was - seiner Meinung nach - die Ursachen der Kriminalität sind: „Die hergebrachten Stammesregeln wurden nach Deutschland importiert.“ Was ihn zu dieser kulturellen Expertise befähigt, wird nicht klar.

Auf journalistische Einordnung, Infragestellung oder Kontrastierung wartet man nach solchen Aussagen in „Spiegel TV“-Beiträgen meist vergebens. Oft gehen sie so nahtlos in die Erzählung des Off-Sprechers über, dass redaktionelle und staatliche Perspektive nicht mehr zu unterscheiden sind. In vielen Fällen bekräftigt oder verallgemeinert der Sprecher diese Aussagen  zusätzlich. So ergänzt der „Spiegel TV“-Sprecher auf die Aussage des LKA-Beamten über importierte Stammesregeln: „In Berlin leben über 80.000 Menschen mit arabischen Wurzeln. Mittlerweile wurde jeder zweite eingebürgert.“ Kein Wunder, wenn beim Publikum dann der Eindruck entsteht, dass die Aussage des LKA-Beamten für die gesamte arabische Bevölkerung Berlins gelte.

Vollends ersetzt wird die journalistische durch die polizeiliche Perspektive, wenn „Spiegel TV“ „exklusiv" dabei ist, wenn Spezialeinsatzkommandos Wohnungen stürmen, Polizistinnen Immobilien beschlagnahmen oder Menschen aus Shisha-Bars abführen. In fast jedem zweiten Beitrag sind entsprechende Szenen zu sehen. Ob diese sehr aufwendigen Polizeirazzien, die kaum zur Aufdeckung von Straftaten in relevantem Ausmaß beitragen, verhältnismäßig sind, wird nicht hinterfragt. Stattdessen übernimmt „Spiegel TV“ auch hier die Darstellung der Polizei unkritisch.

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Wortkarg, wütend, überfordert

Während staatliche Vertreter in jeder Sendung meist mehrfach zu Wort kommen, ist eine Gruppe in den „Clan“-Reportagen auffällig selten zu hören: die gescholtenen „Clan“-Mitglieder selbst. Bei etwa 15 Prozent der Interviewten handelt es sich um Personen, die in der Erzählung von „Spiegel TV“ als Teil des „Clan-Milieus“ erscheinen. Dazu zählen neben als „Clan“-Mitgliedern bezeichnete Personen auch deren Geschäftspartner, Freunde, Mitarbeiter und Anwälte. In den meisten Fällen handelte es sich dabei um Statements von wenigen Worten, in denen die Personen die von „Spiegel TV“ erhobenen Vorwürfe abstreiten. Ein gutes Drittel der Sendungen kommt ganz ohne die Perspektive der Beschuldigten aus.

Auch das Setting, in dem Angehörige migrantischer Großfamilien zu Wort kommen, unterscheidet sich von dem anderer Interviewpartner. Während LKA-Beamte und Staatsanwältinnen im professionell ausgeleuchteten Setting befragt werden, begegnet man ihnen oft pöbelnd, fluchend und überfordert durch das Objektiv einer wackeligen Kamera. Solche Überfallinterviews auf Gerichtsfluren, Gehwegen, Parkplätzen oder – in einem Fall – im Abschiebeflieger sind das Markenzeichen von „Spiegel TV“-Dokus. In 36 von 40 Beiträgen waren sie zu sehen.

Häufig konfrontieren die Reporter bei diesen Einsätzen ihre Zielpersonen in Situationen, in denen sicher niemand ein Interview geben will. In einem Beitrag von 2014 befragt der Reporter den Chef eine Roma-Großfamilie, während dieser – unverpixelt – in Handschellen von maskierten Polizisten abgeführt wird. In einem Beitrag von 2018 über Häuser besetzende Roma in Spanien filmen die Reporter eine mutmaßlich an ihrem Schlafzimmerfenster stehende und nur mit einer Bettdecke bekleidete Frau. Die mehrmaligen Aufforderungen, sie nicht zu filmen, ignorieren die Reporter, bis die Frau und ein Mann aus dem Haus in Richtung des Kamerateams stürmen. Das Bild von den aggressiven Roma ist im Kasten.

Solche Bilder sind auch noch Jahre später in „Spiegel TV“-Beiträgen zu sehen - häufig ohne den ursprünglichen Kontext. In vier Beiträgen zeigt „Spiegel TV“ die Aufnahmen einer Frau, die mit einem Fleischklopfer auf das Kamerateam losgeht. Auch sie ist erkennbar und nicht verpixelt. Die Information, dass die Frau und ihre Familie kurz zuvor Ziel einer Polizeirazzia wurde, fehlt in späteren Beiträgen. Ebenso, dass „Spiegel TV“-Reporter daraufhin versuchten, durch ein Fenster in das Haus zu filmen und die mehrmaligen Aufforderungen der Familie, das Grundstück zu verlassen, ignorierten.

Man kann bezweifeln, ob es „Spiegel TV“ bei dieser Art des Journalismus wirklich darum geht, sinnvolle Informationen zu erlangen. Stattdessen entsteht der Eindruck, die Reporter wollten genau jene Reaktionen provozieren, die sie oft auch bekommen: Beschimpfungen und Handgreiflichkeiten.

Ausführlich und in Ruhe sind „Clan“-Mitglieder in der Regel nur dann zu hören, wenn sie das Klischee vom kriminellen und gewalttätigen Migranten auch durch ihre Aussagen bestätigen. Wie in der Dokumentation „Die Macht der Clans“ von 2020: Ali F. berichtet dort ausführlich, dass der Großteil seiner Familie kriminell sei, die Scharia über dem Grundgesetz stehe und welche Gewalttaten er seiner Ehefrau im Fall der Untreue antun würde.

Der einzige kritische O-Ton entstand zufällig

Nur ein einziges Mal hatte ein Angehöriger einer migrantischen Großfamilie bei „Spiegel TV“ Gelegenheit, dem Klischee vom kriminellen Migranten eine Kritik an Stigmatisierung und Kriminalisierung entgegenzusetzen. In einer 2016 ausgestrahlten Dokumentation über „Libanesische Familienclans“ spricht der Reporter einen Autofahrer, der gerade in eine Verkehrskontrolle geraten ist, auf seinen vermeintlichen „Clan-Namen" an. Dieser weist die Zuschreibung des Reporters zurück:

> „Ich lebe seit 30 Jahren hier, ich kann nicht mal ausreisen, keiner Arbeit nachgehen. Jedesmal wenn ich mich bewerbe, komme ich mit dieser Duldung an. (...) Was soll ich hier machen?“

Im selben Beitrag findet sich auch der einzige Fall, in dem ein „Spiegel TV“-Sprecher auf die Folgen von stereotypen Pauschalisierungen aufmerksam macht. In dem Bericht über Kriminalität im Essener Stadtteil Altenessen heißt es: „Der falsche Nachname kann hier schnell zum Stigma werden.“ Warum der „falsche Nachname“ für viele Menschen in Deutschland zum Stigma wird und inwiefern „Spiegel TV“ mit seiner Berichterstattung über „Clankriminalität“ dazu beiträgt, erklärt er leider nicht.

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  • the difference is that the folder/package structure for other package manager is open and well known
    everyone can host their own i.e. apt, pacman or Flatpak repository with little effort

    the required folder/package structure for snaps is no longer open and you cannot change the default snap repository either easily

  • Ab Oktober 2025: Die taz stellt Printausgabe ein
  • Original Ankündigung: https://taz.de/In-eigener-Sache/!6036349/

    komisch darüber zu berichten aber nicht dahin zu verlinken

    Persönlich hab ich die tageszeitung Version aber auch schon nicht mehr physisch gekauft
    aber die wochen version am Bahnhofskiosk zu kaufen wenn man unterwegs weder Tablet noch e-reader dabei hat ist trotzdem ganz nett

  • Zinspolitik der EZB: Der Schaden ist enorm
  • Die ursprüngliche Idee mit erhöhten Zentralbankzins gegen einen Öl-/Gaspreisschock anzukämpfen war auch echt bescheuert

    Es ist übrigens kein Zufall, dass die europäische Wirtschaft schwächelt. Genau das wollte die EZB erreichen, weil sich eine Inflation nur indirekt bekämpfen lässt – indem man die Wirtschaft abwürgt. Wenn die Leitzinsen steigen und Kredite teuer werden, wird kaum noch investiert. Stellen fallen weg, und die Nachfrage geht zurück. In den Fabriken entstehen Überkapazitäten, sodass irgendwann auch die Preise nachgeben.

    Die Nachteile von einem erhöhten Leitzins werden selten genannt da nur über Bande gespielt werden kann

  • Faeser will Grenzkontrollen ausweiten: Ein gefährlicher Domino-Effekt
  • ich wünschte mir das mal für jeden Hitze-,Verkehrstoten oder Femizid so ein "Ausnahmezustand" aufgeführt werden würde und absurde Mengen an politischer Energie und Lust sofort die Verfassung zu ändern aufgebracht werden würden

  • Heil: Nullrunde bei Bürgergeld 2025 - "Das ist auch richtig so"
  • Im Artikel fehlt die Einordnung das der Hartz IV Satz die Jahre vorher einfach weitaus niedriger ausfiel als die Inflation
    die jetzige Steigerung hat nicht mal die fehlende Steigerung davor wettgemacht

    Deutsche Politiker wenn das "Existenzminimum" erbärmlich niedrig ist: Ich schlafe
    Deutsche Politiker wenn die Zahl der Steigerung ein bisschen groß ist: Richtiger Scheiß

  • „Großes Versagen“ von ARD und ZDF? Auftritt von Höcke bei Thüringen-Wahl löst Diskussion aus
  • Der Politikwissenschaftler fordert „keine Live-Berichterstattung von Rechtsextremen für Rechtsextreme“. Damit meint er, dass Medien zwar über AfD-Politiker berichten sollten, ihnen aber keine Bühne bieten. Statt die rechten Aussagen stehenzulassen, sollten sie der Leserin oder dem Zuschauer den Hintergrund erklären. „Journalisten sind eigentlich dazu da, um Dinge einzuordnen. Damit eben nicht alles so eins zu eins durchgereicht wird zum Endverbraucher, sondern professionell aufbereitet wird“, sagt Raschke

    aber das Problem wird doch souverän behoben in dem später einen Textbeitrag auf der online Seite als "Faktencheck" postet und den dann ganz bestimmt alle lesen die sich die Fernsehübertragung angeschaut habe

  • [DE] „Die Reform des Bürgergeldes ist Klassenkampf von oben“ - fr.de
    www.fr.de „Die Reform des Bürgergeldes ist Klassenkampf von oben“

    Die Debatte um das Bürgergeld hält an. Ökonom Patrick Kaczmarczyk über schärfere Sanktionen auf dem Arbeitsmarkt, zu niedrige Löhne und Nebelkerzen der FDP.

    „Die Reform des Bürgergeldes ist Klassenkampf von oben“
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    Macht der Kommentar-Hölle auf öffentlich-rechtlichen Kanälen ein Ende! | Übermedien
    uebermedien.de Macht der Kommentar-Hölle auf öffentlich-rechtlichen Kanälen ein Ende! | Übermedien

    Die Öffentlich-Rechtlichen sind in sozialen Medien überfordert: Obwohl ihre Kanäle mit Hass geflutet werden, darf das Community Management kaum etwas löschen. Dahinter steckt eine absurde Idee von Meinungsvielfalt.

    Macht der Kommentar-Hölle auf öffentlich-rechtlichen Kanälen ein Ende! | Übermedien

    Es gibt Hobbies, von denen man gerne erzählt, weil sie einen interessant oder klug oder sportlich machen. Stundenlang durch Social Media und Kommentarspalten scrollen gehört nicht dazu. Dabei ist ja gar nicht alles Quatsch, was einem da so über den Weg läuft. Kürzlich habe ich auf Instagram zum Beispiel ein Video von FDP-Finanzminister Christian Lindner entdeckt, in dem er sehr holpriges Englisch spricht, und die Kommentare darunter waren wirklich Gold: kurze Witze, die sich dezidierter mit Lindners Wirtschaftspolitik auseinandersetzten als jede Lanz-Sendung. Mindestens zehn Minuten lang habe ich also über die Kommentarspalte gebeugt dagesessen und gekichert. Und ich würde rückblickend wirklich nicht sagen, dass das Zeitverschwendung war.

    Zwischen Outfit-Fotos, Urlaubsbildern alter Schulfreund:innen und Kochvideos, die man allesamt abspeichert in der Überzeugung, man würde das Spargel-Risotto bald mal nachmachen, begegnen einem auf Plattformen wie Instagram oder TikTok viele gesellschaftspolitische Inhalte. Dass auch etablierte Medien sich dort aufhalten, ist deshalb nachvollziehbar und zeitgemäß. Es produziert aber auch journalistische Herausforderungen, denen klassische Ausspielwege wie Radio und Fernsehen so nicht unterlagen – und merkwürdige Szenen.

    Mitlachen über den Naziwitz

    Zum Beispiel diese: Ein User kommentiert unter dem Instagram-Beitrag eines öffentlich-rechtlichen Nachrichtenaccounts mit einem NS-Wortspiel: „Wehrmacht denn sowas?“ Die Redaktion antwortet darauf mit „I see what you did there“ und einem lachenden Emoji. Ist das locker und nahbar, weil Naziwitze nun mal auf Social Media kursieren und da will man nicht allzu verklemmt auftreten, die Zielgruppe nicht verprellen? Oder ist es geschmacklos, deplatziert und eigentlich ein Abmahnungsgrund für den oder die verantwortliche Community Manager:in?

    Wenn Sie mich persönlich fragen: Letzteres. Wenn Sie mich als Journalistin fragen, die selbst Community Management für verschiedene öffentlich-rechtliche Angebote auf Social-Media-Plattformen gemacht hat, würde ich sagen: Es ist vor allem repräsentativ für ein vielschichtiges Problem.

    Große Planlosigkeit in Reaktionen

    Viele, vor allem öffentlich-rechtliche Social-Media-Redaktionen scheinen keinen konkreten Fahrplan zu haben, wie sie die Debattenräume, die sie mit ihren Kommentarspalten aufmachen, eigentlich bespielen wollen. In einer der Redaktionen, in der ich in diesem Bereich tätig war, hingen ausgedruckte Memes an der Wand, ein Großteil davon mit dem humoristischen Tenor: beim Community Management brennt’s eigentlich immer, es ist die Hölle, Kommentare moderieren ist Horror.

    Ein Grund dafür ist die Funktionslogik von Social-Media-Plattformen. Ein News-Kanal auf TikTok oder Instagram ist deutlich interaktiver als eine gedruckte FAZ auf dem Küchentisch oder eine Dreiviertelstunde „Monitor“ in der ARD. Noch bevor ein Video vorbei oder ein Post gelesen ist, können User:innen reagieren, liken, teilen, kommentieren. Welche Accounts wie viel interagieren, ist entscheidend dafür, bei wem und wie häufig die Beiträge dann ausgespielt werden. Anders formuliert: Algorithmen belohnen viel Interaktion, und in den Kreisen, in denen ein Beitrag auf besonders viel Reaktion zu stoßen scheint, wird er vermehrt angezeigt.

    Das habe ich bei der Betreuung von Beiträgen immer wieder beobachten können: in den ersten Minuten nach Veröffentlichung ein paar Sexbots löschen, dann auf ein paar erste inhaltliche Kommentare reagieren, dann passiert vielleicht auch länger nicht viel. Aber wenn zunehmend empörte Kommentare aus einer bestimmten Richtung reinkommen, ist förmlich spürbar, wie der Beitrag plötzlich rapide an Reichweite in bestimmten Communities gewinnt und immer mehr Gleichgesinnte anzieht.

    In Netiquetten ist meist schwammig festgehalten, dass Kommentarspalten ein respektvoller Raum des Austauschs sein sollen und deshalb keine justiziablen Äußerungen wie Beleidigungen oder Gewaltaufrufe erlaubt sind. Das Problem sind aber selten solche Kommentare, die offen gewaltandrohend oder diskriminierend sind. Mord- und Gewaltdrohungen, Beleidigungen oder Kommentare wie „Ich hasse Minderheit XY“ – klar müssen die weg. Was aber, wenn eine Kommentarspalte subtiler hasserfüllt ist und gerade durch die Dynamik der Masse kippt?

    Nicht verboten, trotzdem Hass

    Aus soziologischer Sicht ist das nicht überraschend. Es gibt Phänomene, die sich nicht nur aus den einzelnen individuellen Handlungen erklären lassen, weil sie mehr als die Summe ihrer Teile sind. Wenn ich als Einzelperson in einem bestuhlten Saal hinten aufstehe, kann ich besser sehen. Daraus abzuleiten, dass man grundsätzlich besser sieht, wenn man aufsteht, wäre falsch. Denn wenn alle aufstehen, gilt das nicht mehr. Oder: Wenn Ihnen Ihre Kollegin auf dem Flur sagt, dass sie Sie nicht ausstehen kann, ist das deplaziert und nicht nett, den Betriebsrat würde das aber nicht auf den Plan rufen. Wenn alle Ihre Kolleg*innen sich allerdings im Kreis um Sie herumstellen und Ihnen zusammen ungefragt sagen, dass sie Sie nicht ausstehen können, ist das Mobbing. Social-Media-Kanäle, bei denen Beiträge immer tiefer in Bubbles gespült werden, in denen viel reagiert wird, sind anfällig für diese Dynamiken.

    Ein Beispiel: ein einminütiges Video über Angriffe und polizeiliche Repressionen gegenüber queeren Menschen bei einer verbotenen CSD-Parade in der Türkei. Unter dem Reel fast 2.000 Kommentare. Über 80 Prozent davon sind Aussagen wie „Erdogan ist ein Ehrenmann“, „Türkei <3 <3“, „will das in Deutschland auch“, „richtig so“. Der Netiquette zufolge muss keiner dieser Kommentare verborgen werden, im Einzelnen würde man wohl sagen, das ist zwar queerfeindlich, aber nicht verboten. In der Summe wird daraus trotzdem eine hasserfüllte, homophobe Kommentarspalte und es ist spürbar, dass der Beitrag zunehmend vor allem Konten angezeigt wird, die die gleiche Meinung dazu haben.

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    Ich könnte eine Reihe anderer Beispiele nennen, ein Video über einen antisemitischen Angriff durch einen rechtsextremen Politiker in Polen zum Beispiel. Die Kommentare, die sich offen den Nationalsozialismus zurückwünschen oder klar formulieren, sie würden Juden hassen, sind in ihrer Masse zwar erschreckend, aber auch unstrittig: löschen, weg damit. Bei einer Flut von Kommentaren, die den antisemitischen Politiker zum „Ehrenmann“ adeln, ist das schwieriger. Inhaltlich ist es aber dasselbe: Antisemitismus.

    Hauptsache viele Klicks?

    Die Finanzierung vieler Social-Media-Teams bei öffentlich-rechtlichen Anstalten ist an steigende Reichweiten gekoppelt. Das führt dazu, dass Evaluationen und Feedbackrunden oft sehr zahlenorientiert sind. Sprich: Je mehr Leute ein Beitrag erreicht und je mehr damit interagiert wird, desto besser, weil die Jahresziele zum Beispiel vorschreiben, dass der Kanal bis zum Ende des Jahres x-tausend Follower:innen mehr haben muss, wenn alle ihren Job behalten wollen. Ein selbst gestecktes Ziel und somit ein hausgemachtes Problem. Besser wäre es, die Daseinsberechtigung eines Angebots an inhaltlichen Parametern zu messen.

    Jedenfalls: Als Community Managerin ist es eine merkwürdige Gleichzeitigkeit, zu wissen, dass eine Kommentarflut gerade an eine politische Hetzkampagne grenzt und vor allem aus einer Community fern der eigentlichen Zielgruppe kommt, im Hintergrund aber zu hören, wie gefühlt die Sektkorken knallen, weil: „Hey, 2.000 Kommentare, das ist ja super, das Video zieht richtig an und kriegt immer mehr Reichweite.“

    Natürlich wird das Video jetzt gut geklickt, denke ich dann. So funktionieren diese Plattformen. Aber ist es deshalb tatsächlich erfolgreich? War die journalistische Einordnung oder Aufarbeitung eines Themas deshalb wirklich besonders gut? Ich unterstelle Social-Media Redaktionen nicht, dass sie mit Hass und Diskriminierung Reichweite generieren wollen, sie tun es aber teilweise, weil es in der Natur der Plattformen liegt und sie sich dem vielfach nicht entschieden genug entgegenstellen.

    Kommentarspalten bitte schneller schließen

    Es gäbe für das Problem eine einfache erste Lösung: Wenn in einer Kommentarspalte unter einem Beitrag nicht mehr sachlich diskutiert wird, sollte sie geschlossen werden. Gerade öffentlich-rechtliche Accounts müssten hier deutlich konsequenter und mutiger sein. Meiner Erfahrung nach reagieren obere Hierarchie-Etagen auf die Forderung, Kommentarspalten zu schließen jedoch oft mit Entsetzen und einem klarem „Nein“. Ob ich nicht wisse, wie sehr der öffentlich-rechtliche Rundfunk dafür kritisiert werde, nicht genug Meinungsvielfalt zu zeigen, unliebsame Meinungen gar zu zensieren. Doch, doch, ich sag mal so, wenn man beruflich Internetkommentare liest, kommt man an dieser Erkenntnis schwer vorbei. Aber darum geht es gar nicht.

    Woher kommt die Annahme, einen eigens geschaffenen Debattenraum unter bestimmten Umständen auch wieder zu schließen, könne etwas mit Zensur zu tun haben? Meinungsfreiheit ist das Grundrecht darauf, sich eine Meinung zu bilden und diese frei zu äußern. Sie ist aber kein Freifahrtschein, seine Ansichten auf jeder Bühne und zu jedem Zeitpunkt ungefiltert kundtun zu dürfen. Es wird schließlich auch nicht jeder Leserbrief, der eine Redaktion erreicht, veröffentlicht.

    Und die Meinungspluralität? Der Rundfunkstaatsvertrag fordert zwar von den Öffentlich-Rechtlichen, das Prinzip der Ausgewogenheit einzuhalten und die Meinungsvielfalt in seiner Berichterstattung zu berücksichtigen. Ob das Programm ausgewogen ist und vielfältige Meinungen abbildet, entscheidet sich aber nicht in einer TikTok-Kommentarspalte. Die Plattformen dahinter sind nicht darauf ausgelegt, ein für die deutsche Gesellschaft repräsentatives Meinungsspektrum abzubilden.

    Wenn man das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Verpflichtung der Öffentlich-Rechtlichen, Meinungsvielfalt im Programm abzubilden, addiert, kommt da kein Menschenrecht auf einen Talkshowplatz bei „Maischberger“ raus – und auch nicht das Recht, unter jedem beliebigen Beitrag eines Senders meine Meinung kundzutun. Die Freiheit, die eigene Meinung am Gartenzaun, auf dem eigenen Social-Media-Profil oder in Mails an die Redaktion kundzutun, meinetwegen sogar zu schreien, unfreundlich zu formulieren oder zu pöbeln, wird dadurch trotzdem nicht beschnitten. Keine Sorge.

    Die Aufgabe ist nicht, möglichst viel auszuhalten

    Ein weiteres, hausgemachtes Problem ist ein personelles: Wer moderiert solche Kommentarspalten eigentlich? Mein Eindruck: Keiner hat da Bock drauf. Jahrelanges Studium, journalistische Ausbildung und Fachexpertise, um dann auf Instagram Kommentare von Wutbürgern zu beantworten oder mit lustigen Emojis auf inhaltlich völlig Belangloses zu reagieren, um die Antwortquote hochzutreiben? Zugegeben: So stelle ich mir meine berufliche Zukunft auch nicht vor. In vielen Redaktionen ist Community Management, kurz CM, deshalb eine Einstiegsstelle, nach dem Motto: Du hast ein bisschen journalistische Erfahrung, willst dich hier reinarbeiten, hocharbeiten, okay, mach doch erstmal ein, zwei Jahre Community Management und dann gucken wir weiter. Ich habe mit vielen jungen Leuten in dem Bereich gesprochen und niemand hatte sich aktiv für dieses Berufsfeld entschieden. Immer ein Kompromiss, immer die Bedingung, um irgendwann weiterzukommen.

    Als ich einmal bei der Arbeit zu weinen beginne, weil ich vor einem Berg von etwa 600 Kommentaren sitze, von denen 90 Prozent so rassistisch und hasserfüllt sind, dass ich sie hier nicht ohne diverse Triggerwarnungen zitieren könnte, kommt eine andere junge Community Managerin zu mir, legt mir die Hand auf die Schulter und sagt: „Du gewöhnst dich noch dran, man stumpft schnell ab, ich denk mir mittlerweile wirklich gar nichts mehr dabei.“ Sie guckt dabei, als wäre das ein prima Trost, und ich frage mich, warum mich das absolut überhaupt nicht tröstet.

    Vielleicht, weil ich es absurd finde, dass Community Manager:innen gern unterstellt wird, eine zu große Sensibilität bei bestimmten Kommentarfluten wäre eine Form fehlender Professionalität und Resilienz. Auf dem Schreibtisch, an dem ich sitze, kleben Zettel mit kleinen Tipps und süßen Sprüchen, sowas wie „Halt durch!“ und „Gönn dir zwischendurch mal ne kleine Pause zum Durchatmen“. Dabei ist die Aufgabe ja nicht, furchtbare Aussagen auszuhalten, sondern im Gegenteil, aufmerksam für Diskursdynamiken zu sein.

    Und auch persönliche Betroffenheit ist keine Schwäche, sondern Teil der Perspektivenvielfalt, die sich viele Redaktionen (zumindest öffentlich) wünschen. Ich habe schwarze Community Manager:innen kennen gelernt, die keine Lust mehr hatten, Tausende Kommentare zu moderieren, die mindestens implizit rassistisch waren, aber noch nicht offiziell gegen die Netiquette verstießen. Ich habe queere Community Manager:innen erlebt, denen es schlecht ging, nachdem sie unzählige queerfeindliche Kommentare lesen mussten, denen zufolge queere Menschen in Deutschland nicht mehr so offen leben sollten und die laut Netiquette in die Kategorie Meinung fallen. Warum sollten gerade solche Reaktionen nicht ein ganz guter Indikator dafür sein, ab wann sich auch ein Teil der Community in der Kommentarspalte nicht mehr sicher fühlt? Denn gerade dann ist ein Debattenraum eben nicht mehr offen für viele verschiedene Meinungen, sondern drängt Gruppen systematisch aus dem Diskurs.

    Aushilfskräfte einzustellen, reicht nicht

    Zu dem Besetzungsproblem gehört außerdem: Wenn Kommentarspalten tatsächlich Orte für inhaltlichen Austausch sein sollen, müssen Community Manager:innen entsprechend qualifiziert sein – undankbarer Job hin oder her. Es würde also Sinn machen, den Austausch unter Social-Media-Posts auch den Teammitgliedern zu überlassen, die den jeweiligen Beitrag recherchiert haben und entsprechend im Thema sind.

    Studierende anzustellen, die offensichtliche Beleidigungen und Morddrohungen löschen und auf inhaltliche Fragen bestenfalls mit schnellen Google-Suchen antworten, ist zu wenig für Plattformen, die Hass und Hetze belohnen und Empörung fördern. Es ist zu wenig für eine Zeit, in der rechte Netzwerke gezielt redaktionelle Kapazitäten binden, indem sie sie mit teils zusammenhangslosen, teils populistischen, selten aber im Einzelnen strafrechtlich relevanten Kommentaren fluten. Hinzu kommt, dass Leuten im CM, eben weil: jung und unerfahren, gerne abgesprochen wird, eine Entscheidung wie die Limitierung oder Schließung einer Kommentarspalte treffen zu können. Ob eine Kommentarspalte gerade ein Ort wertvollen Austauschs oder die absolute Hölle ist, können aber vor allem die beurteilen, die das über Stunden hinweg beobachten.

    Um das bei aller Kritik klarzustellen: Dass Redaktionen bemüht sind, ihre Inhalte auch jungen Menschen zugänglich zu machen und das da, wo die sich eben aufhalten, ist richtig. Dass das Unterhaltungsangebot der Öffentlich-Rechtlichen nicht beim ZDF-„Fernsehgarten“ im linearen Fernsehen Halt macht, sondern darum bemüht ist, auch Menschen unter 60 auf Plattformen mit entsprechend jüngeren Zielgruppen zu erreichen, ist richtig. Dass die „Tagesschau“ oder Deutschlandfunk Nachrichten auch für Instagram aufbereiten und Formate wie „Die da oben!“ jungen Menschen auf YouTube politische Zusammenhänge erklären, ist richtig. Und auch ganz andere Themen haben ihre Berechtigung: Dass Instagram-Formate wie das (vor kurzem geschlossene) glanzundnatur Jugendlichen erzählen, dass sie nicht die einzigen sind, deren eine Brust größer ist als die andere, und damit Orte der Aufklärung und des Austauschs für tendenziell schambehaftete Themen sind, ist richtig. Und natürlich stecken Social-Media-Teams einen großen Teil ihrer Ressourcen in kleinteilige Formulierungs- und Schnittfragen, weil es auf diesen Plattformen besonders wichtig ist, eine bestimmte Sprache zu treffen.

    Mehr Schadensbegrenzung als Management

    Es geht beim Community Management auch nicht darum, irgendwem eine Meinung aufzuzwängen: Man muss nicht der gleichen Ansicht wie ein Großteil der angestrebten Zielgruppe eines Formats sein, um sich an einer Diskussion in der Kommentarspalte zu beteiligen zu dürfen. Eine Perspektive auf die Welt muss nicht mal fachlich fundiert oder korrekt sein, damit Redaktionen sich ihrer annehmen. Meinungsfreiheit gesteht einem ja nicht nur allerlei persönliche Einstellungen zu, man darf inhaltlich sogar ziemlich auf dem Holzweg sein.

    Aber: Redaktionen müssen die eigenen, digitalen Debattenräume auch nicht für jeden Mist und jede Hasswelle offenhalten. Die journalistische Verantwortung endet nicht, wenn Beiträge hochgeladen sind. Die Kommentarfunktion auf Social Media ist eine große Chance, herauszufinden, was Menschen bewegt, Aufklärung zu leisten, einzuordnen und Rede und Antwort zu stehen. Community Management, so wie ich es mitbekomme und erlebt habe, hat in vielen Fällen allerdings herzlich wenig mit Managen zu tun, sondern vor allem mit dem kläglichen Versuch von Schadensbegrenzung.

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    Der wahrscheinlich längste Imagefilm der Welt | Übermedien
    uebermedien.de Der wahrscheinlich längste Imagefilm der Welt | Übermedien

    Seit Jahren begleitet der Autor Jan Mendelin Bayern-Star Joshua Kimmich mit der Kamera. Was das ZDF als „exklusiv“ und „nah wie nie“ verkauft, ist vor allem ein Gefälligkeitsprodukt mit wenig Relevanz.

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    Fangen wir mal mit dem Ende an. Mit der Stelle, an der Bundestrainer Julian Nagelsmann über Joshua Kimmich sagt, er habe ein anderes Bild verdient, „als das, das man aktuell so wahrnimmt und liest“. Es ist ein passendes Fazit für diese fußballspiellange ZDF-Doku über den Bayernstar und Nationalspieler. Denn es fasst das zusammen, was der Film vorher ununterbrochen macht: Joshua Kimmich im besten Licht darstellen. Kimmich, der „bescheidene“ Junge aus der „bodenständigen Familie“. Kimmich, der soziale Mensch, der sich mit eigener Stiftung für Kinder engagiert. Kimmich, der ehrgeizige und disziplinierte Profisportler, der auch mal Klartext spricht. Kimmich, der nahbare, authentische Familienvater, der sich sogar filmen lässt, wenn er sich beim Kistenschleppen für den Umzug mit der Ehefrau kabbelt oder nach der Meisterfeier zu Hause am Grill steht.

    Sogar bei der romantischen Hochzeit mit Kutsche durfte die Kamera dabei sein. Und Material von der Hochzeitsreise auf die Malediven sowie der Safari in Afrika stellten die Kimmichs auch zur Verfügung. Fans und alle, die das Privatleben von Celebritys interessiert, kommen in diesen eineinhalb Stunden voll auf ihre Kosten. Es ist, als hätten die Redaktionen von „Sportbild“ und „Bunte“ ihre Kräfte vereint und eine Homestory gemacht. Nur eben als Film fürs ZDF.

    Schon wieder eine Kimmich-Doku

    Echten Fans kommen einige Stellen aus dem Film mit dem Titel „Joshua Kimmich – Anführer und Antreiber“ womöglich bekannt vor. Die Bilder vom Ausflug der Kimmichs in den Tierpark oder vom Besuch des Paares auf dem Weihnachtsmarkt tauchten schon einmal in einer Langzeit-Doku auf, die das ZDF 2020 in zwei Teilen sendete. Und die Szene, in der Kimmichs Frau Lina ihrem Mann die Haare schneidet, ist auch nicht ganz neu. Man kann sie auch in dem Trailer zum Film „Joshua Kimmich: Sein Weg in die Weltklasse“ sehen, den das ZDF 2021 kurz vor der EM sendete. Online ist die ganze Doku von 2021 nicht mehr zu finden, es gibt aber einen kurzen Zusammenschnitt auf Kimmichs Instagram-Account.

    Autor dieser Produktionen ist der freie Filmemacher Jan Mendelin, der Kimmich seit 2015 mit der Kamera begleitet. Für seinen aktuellen Film nutzte Mendelin aber natürlich nicht nur recyceltes Material, sondern drehte auch viel neues: Interviews nach der WM in Katar, Aufnahmen vom Richtfest des neuen Kimmich-Anwesens, die Hochzeit, wie gesagt, und seit der ersten ZDF-Doku 2020 sind auch noch drei weitere Kinder dazugekommen.

    Dennoch kann man da schon ein bisschen durcheinander kommen und fragen: Warum zeigt das ZDF jetzt nochmal einen weiteren Film über Kimmich, wenn es doch schon 2020 und 2021 eine gab? Das ZDF schreibt uns dazu:

    > „Das ZDF hat in dem Pressetext zu der Dokumentation kommuniziert, dass Filmautor Jan Mendelin seit 2016 die Karriere des Fußball-Nationalspielers begleitet. Die aktuelle Doku schildert den Weg Joshua Kimmichs von der 2021 ausgetragenen UEFA EURO 2020 über die FIFA WM in Katar im Dezember 2023 bis zur Vorbereitung auf die Heim-EM, die derzeit in Deutschland stattfindet.“

    Sicher, so eine Europameisterschaft im eigenen Land ist ein Aufhänger, wie es in Redaktionen immer so schön heißt. Aber die grundsätzliche Frage nach der Relevanz bleibt: Ist Joshua Kimmich so ein spannender Protagonist, so eine prägende Figur des deutschen Fußballs, dass man ihm eine Langzeitbeobachtung über drei Filme widmen muss? Eher nicht.

    Die Doku als „Möglichkeit“ zur Selbstinszenierung

    Seit einiger Zeit ist es ja so ein Ding, als Fußballer seine eigene Doku zu haben. Toni Kroos und Bastian Schweinsteiger haben ihre bei Amazon Prime, Mario Götzes Geschichte wurde in vier Teilen von DAZN erzählt. David Beckham hat seine eigene Dokuserie bei Netflix. Das ist oft nicht schlecht gemacht, hat mit Sportjournalismus aber meist wenig zu tun. Den erwartet das Publikum offenbar auch nicht – und vielleicht muss man das bei privaten Streaming-Anbietern auch nicht. So entstehen wohlwollende Würdigungen von erfolgreichen Sportlern, inszeniert wie Heldenreisen von Legenden. Das ist auch ein Phänomen einer Zeit, in der aus allem eine Doku gemacht und alles Doku genannt wird, was länger als 20 Minuten ist.

    Kimmich hat also seine Doku beim ZDF. Welche „Möglichkeiten“ der Fußballer in so einem Format sieht, konnte man in einem Interview im ZDF-„Sportstudio“ 2020 schon einmal ganz gut heraushören. Im Gespräch mit Katrin Müller-Hohenstein anlässlich des Zweiteilers, der damals lief, sagte Kimmich, er habe die Möglichkeit spannend gefunden, „den Menschen auch zu zeigen, dass man eben nicht nur Fußballer ist, sondern, dass da auch ein Mensch dahinter steckt.“ Und: Man könne dabei auch selbst ganz gut „steuern“, wie viel man zulässt. Dieser Wunsch nach Kontrolle über das eigene Bild in der Öffentlichkeit ist einerseits nachvollziehbar, schließlich werden selbst kleinste Bemerkungen von Fußballern in Medien oft tagelang diskutiert, interpretiert, aus dem Zusammenhang gerissen. Die Frage ist nur, ob ein öffentlich-rechtlicher Sender da einfach so mitmachen und Kimmich den Film liefern sollte, den er gerne von sich sehen würde.

    Effenbergs Hofberichterstatter

    Autor Jan Mendelin trat schon vor mehr als 20 Jahren im Kontext eines anderen bekannten Fußballers medial in Erscheinung: als Berater von Stefan Effenberg und als Co-Autor von dessen Biografie „Ich hab’s allen gezeigt“. Für die „Bild“ war Mendelin in dieser Zeit auch tätig und schrieb vor allem über: Stefan Effenberg. Als der „Skandalfußballer“ 2003 wegen Beamtenbeleidigung vor Gericht stand, berichtete Mendelin in der „Bild“ sogar über den Prozess.

    Das NDR-Medienmagazin „Zapp“ und der „Bildblog“ berichteten über die „Symbiose“ zwischen Mendelin und Effenberg. Der Springer-Verlag sagte damals gegenüber dem „Bildblog“, es gebe keine Nachweise für eine Geschäftsbeziehung zwischen Mendelin und Effenberg – obwohl Effenberg schonmal in der „Bild“ auf die Frage, wer nach der Trennung von Ehefrau Martina sein Management übernommen hatte, sagte: „Ich habe jetzt einen Koordinator – Jan Mendelin.“

    Auch heute arbeitet Mendelin immer noch als Spielerberater. Auf dem Portal transfermarkt.de ist er als „Executive Director“ der Agentur „Clever Sports“ aufgeführt, die Spieler aus der zweiten und unteren Ligen vertritt. Eine geschäftliche Beziehung zu Joshua Kimmich habe er nicht, schreibt Mendelin auf Übermedien-Anfrage.

    > „Ich hatte bis zum heutigen Tag weder eine Geschäftsbeziehung zu Joshua Kimmich, noch zum FC Bayern München oder der Nationalmannschaft. Meine beruflichen Aktivitäten sind transparent. Kein Spieler, den ich berate, spielt in der Joshua-Kimmich-Dokumentation eine Rolle. Meine Unabhängigkeit war immer gewährleistet.“

    Wir hätten gerne genauer gewusst, wie er seine berufliche Rolle zwischen Sportjournalismus und Fußballgeschäft sieht. Aber darauf ging Mendelin in seiner Antwort an uns nicht näher ein.

    Auch vom ZDF wollten wir wissen, ob Mendelins enge Verbindung zum Fußballgeschäft nicht eine mögliche Befangenheit darstelle, ob das in der Redaktion thematisiert wurde und warum das ZDF das nicht transparent gemacht hat. Die Pressestelle in Mainz schrieb uns dazu:

    > „Es wurde transparent gemacht, dass Jan Mendelin seit 2016 (Anm.: In dem Text zum Film heißt es 2015.) die Karriere des Fußball-Nationalspielers intensiv begleitet. Für ein solches Langzeitprojekt ist Nähe ebenso relevant wie journalistische Distanz. Beides wurde professionell gehandhabt.“

    Mendelins Rolle bei Effenberg oder seine aktuelle Tätigkeit als Spielerberater sind natürlich kein Beleg dafür, dass er in irgendeiner Abhängigkeit zu Kimmich steht. Aber in Anbetracht der Tatsache, wie gefällig seine Kimmich-Filme wirken, bekommt das Ganze doch einen gewissen Beigeschmack. Und es braucht ja keine offizielle Geschäftsbeziehung, bei der Geld zwischen beiden fließt, um zu verstehen, was hier der Deal sein könnte: Kimmich gewährt Zugang und bekommt dafür das öffentliche Bild, das er sich wünscht. Mendelin und sein Team bekommen exklusives Material, das ihnen das ZDF dankbar abnimmt – gerne auch mehrmals. Der Sender sollte sich daher fragen, ob jemand, der so eng verzahnt mit dem Fußballgeschäft ist, der richtige Autor für eine Doku ist, die unter der journalistischen Marke „Sportstudio Reportage“ läuft.

    Déjà-vu bei „Bild“

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    Bereits 2017, da war Kimmich gerade ein Jahr bei Bayern München, produzierte Mendelin eine zehnteilige Kimmich-Doku, damals für „Bild“. Sie trug den Titel „Joshua Kimmich – Glaub an dich“ – und hieß zufällig genau wie die Stiftung, mit der Kimmich soziale Projekte für Kinder finanziert. Online ist davon nur noch ein kurzer Trailer zu sehen, in dem Matthias Sammer, ehemaliger FC Bayern-Sportvorstand, sagt, dass Kimmichs Selbstreflexion und sein persönlicher Ehrgeiz „grenzenlos“ seien. Derselbe O-Ton kommt in der aktuellen ZDF-Doku vor. Auch Yogi Löws Aussage im „Bild“-Trailer, Kimmich erinnere ihn an den „jungen Lothar Matthäus“, konnte man nochmal 2020 beim ZDF hören.

    Wie „exklusiv“ ist das alles noch, wenn hier Material offenbar nach Belieben mehrfach verwertet wird? Der Sender schreibt uns dazu:

    > „Die privaten exklusiven Einblicke in das Leben von Joshua Kimmich rechtfertigen die Bezeichnung. Davon unbenommen ist die Hinzuziehung von Bildmaterial aus den vorangegangenen Dokumentationen, um die biografischen Linien veranschaulichen zu können.“

    Für wirklich wichtige biografische Stationen wie Aufnahmen aus seiner Kindheit, seiner Anfänge beim VfB Stuttgart oder seiner Zeit beim RB Leipzig ist das nachvollziehbar. Aber mehrere Jahre alte, lobhudelnde O-Töne von Trainern und Vereinsfunktionären wirken in diesem Fall einfach nur redundant und – wie vieles an diesem Film – wie Füllmaterial.

    Aufgewärmte Spätzle und gestellte Nähe

    Eine dieser offenbar wichtigen biografischen Linien, die das Filmteam eingefangen hat, war der Tag, an dem Joshua Kimmich und seine Frau einmal Spätzle zubereitet haben. (Auch diese Bilder kann man in einem Trailer zur Doku 2021 sehen, den Joshua Kimmich auf seinem Instagram-Kanal geteilt hat.) Zur Spätzle-Schlüsselszene in der aktuellen Doku sagt Kimmichs Frau Lina im O-Ton: „Ich kann mich nicht daran erinnern, wann er das letzte Mal gekocht hat, außer um es für die Doku zu drehen“. Das ist einerseits ein bisschen lustig, andererseits macht es auch transparent, wie Teile des Films offenbar zustande gekommen sind. Aber was hat das mit einem „privaten exklusiven Einblick“ zu tun, wenn solche Szenen offensichtlich nichts mit dem authentischen Privatleben des Fußballers zu tun haben, sondern nur der Inszenierung dienen?

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    Nun gut, irgendwie müssen die langatmigen 90 Minuten dieser Doku gefüllt werden. Da ist so eine Koch-Szene schonmal eine gute Abwechslung zu den drei Wohltätigkeits-Terminen, die der Film zeigt. Wer nach der Doku nicht weiß, wie sehr sozial engagiert Joshua Kimmich ist, der muss beim Gucken wahrscheinlich eingeschlafen sein. Auch hier stellt sich die Frage der Relevanz: Dass Joshua Kimmich über eine Stiftung soziale Projekte unterstützt, ist ehrenwert. Aber für einen Fußballer seiner Gehaltsklasse ist es zumindest kein Alleinstellungsmerkmal, das eine öffentlich-rechtliche Doku in diesem Umfang würdigen müsste.

    FC-Bayern-Ästhetik

    Der Film ist auch in seiner Bildästhetik an einigen Stellen von einem Imagefilm nicht zu unterscheiden. An einer Stelle, in der die Doku den Profi 2021 zur Vertragsverlängerung bei Bayern München begleitet, marschiert Kimmich die Gänge der Allianz-Arena entlang. Alles ist in FC-Bayern-rotes Licht getränkt. Kimmich passiert Pokale und Meisterschalen, die auf der Treppe drapiert sind, die zum Innenraum des Stadions führt. Eine epische Drohnenaufnahme zeigt, wie den Rasen betritt, in dessen Mitte Hasan Salihamidžić, damals Sportvorstand, und Oliver Kahn, damals Vorstandsvorsitzender der Bayern, mit dem Vertrag auf ihn warten.

    Dieselben Bilder kann man auch auf dem YouTube-Kanal des FC Bayern sehen, in zwei Videos zur Vertragsunterzeichnung Kimmichs. Das ZDF erklärt uns dazu, dass die Bilder der Vertragsunterzeichnung das Team von Jan Mendelin gedreht habe. In der Dokumentation seien aber auch „einige wenige Aufnahmen“ verwendet worden, „bei denen die Quellen-Kennzeichnung FC Bayern TV eingeblendet werden sollte“. Das ZDF hat nach unserer Anfrage die Einblendung „Quelle: FC Bayern“ beim Film in der ZDF-Mediathek zwar ergänzt. Ganz genau nimmt man es aber offenbar trotzdem nicht. So wird der Hinweis, dass es sich um Material des FC Bayern handelt, nur bei den Drohnenaufnahmen eingeblendet, obwohl es noch mehr Bilder in dieser Sequenz gibt, die aussehen wie das Material im Bayern-Imagefilm. Unsere Frage, ob auch an anderen Stellen der Doku PR-Material verwendet wurde, verneint das ZDF.

    Rückschau auf die Debatte um Kimmichs Impfstatus

    Und dann ist noch die Sache mit Corona. Der interessanteste Teil des Films, weil er das leistet, was eine Doku leisten sollte: dokumentieren. Es geht um die Frage, wie die Öffentlichkeit mit Kimmich umging, der sich anfangs nicht impfen lassen wollte. Sein Impfstatus war Ende 2021 Thema in allen Medien, sogar Regierungssprecher Steffen Seibert appellierte damals in der Bundespressekonferenz an die Vorbildfunktion des Nationalspielers.

    Es sind Szenen, die in dieser Zusammenfassung aus heutiger Perspektive teilweise bizarr wirken. Kimmich erzählt unter Tränen, wie es für ihn war, von Freunden für Corona-Tote verantwortlich gemacht zu werden, er berichtet, dass er während der Quarantäne von seinem Verein kein Gehalt mehr bekommen habe, deutet auch einen Vertrauensverlust gegenüber dem FC Bayern an, und stellt die Frage, ob es seine Aufgabe als Profi-Fußballer ist, „Menschen vom Impfen zu überzeugen.“

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    Filmautor Jan Mendelin führte 2021 für das ZDF auch das viel beachtete, exklusive Corona-Interview mit Kimmich, in dem er verkündete, sich doch impfen zu lassen. Es war ungewöhnlich, dass ein so wichtiges Interview zu einer aktuellen öffentlichen Debatte von einem freien Autor und nicht von einem festen Mitarbeiter des ZDF geführt wurde. Ob Kimmich einem anderen Journalisten, der andere (kritischere) Fragen gestellt hätte, überhaupt ein Interview gegeben hätte, sei dahingestellt.

    Kimmichs Rückblick auf den Umgang mit ihm zu dieser Zeit ist auch die große „News“, die der aktuelle Film liefert und die viele Medien in der vergangenen Woche aufgegriffen haben. Es sind gut sechs Minuten, die dem Rest der Kimmich-Show im Nachhinein ein bisschen Relevanz und Rechtfertigung verleihen. Man hätte dazu gerne noch mehr gesehen. Vielleicht nicht über 90 Minuten, aber eine kritische Auseinandersetzung mit dieser Episode und Kimmichs Rolle in der Öffentlichkeit wäre sicher interessant gewesen. Stattdessen hat sich das ZDF dafür entschieden, einen Autor, der womöglich ein bisschen zu nah dran ist, einen Film machen zu lassen, der in großen Teilen Relevanz und journalistische Distanz vermissen lässt.

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