Die EU und Tunesien haben eine Absichtserklärung unterzeichnet, um die Migration über das Mittelmeer einzuschränken. Für die tunesische Regierung locken Finanzhilfen und wirtschaftliche Zusammenarbeit. Doch viele im Land sehen das Abkommen kritisch.
Weniger Migranten die im Mittelmeer ertrinken, wirtschaftliche Förderung für Tunesien und den rechtsradikalen Parteien in Europa wird der Wind aus den Segeln genommen. Alles in allen ein guter Deal.
Frage: Die Geflüchteten sind doch trotzdem da. Die kommen halt jetzt nach Tunesien und werden dann nicht weiter durchgelassen. Die Lager mit unwürdigen Bedingungen entstehen dann halt dort. Inwiefern ist das jetzt ein guter Deal?
Im Gegensatz zu einen Wirtschaftsmigranten geht es den Asylsuchenden in erster Linie darum sich selbst in Sicherheit zu bringen. Wenn nun deren körperliche Unversehrtheit in Tunesien gewährleistet ist und sie sich nicht mehr in purer Verzweiflung mit einem nicht seetüchtigen Boot die Durchquerung des Mittelmeeres wagen müssen ist das gut.
Das sind auch keine Wirtschaftsmigranten. Ein Wirtschaftsmigrant ist jemand wie ich, der nach Deutschland gezogen ist weil ich hier einfacher und besser vergütete Arbeit finde.
Wenn dein Leben in deiner Heimat nicht mehr sicher ist, sei es durch Wetterbedingungen, politische Begebenheiten oder Kampfhandlungen, dann spricht man von Asylsuchenden deren oberste Priorität erstmal das eigene Überleben ist. Wenn dies bereits in Tunesien gewährleistet wird, dann ist das etwas gutes.
Tunesien hat tatsächlich eine funktionierende Demokratie
Das würde ich jetzt über die momentane Situation so nicht sagen, aber Saied steht auf der Skala zwischen wohlwollendem Diktator und machtgeilem Autokraten schon eindeutig woanders als Erdogan.
Laut Demokratieindex ist Tunesien auf Platz 85, die Türkei auf 103, beide gelten als als hybrides Regimie.
In Tunesien kommt es regelmäßig zu Folter durch staatliche Behörden. Laut einem Bericht von Amnesty International aus dem Jahr 2017 kommt es landesweit zu Folter, willkürlichen Verhaftungen, Hausdurchsuchungen, Razzien und Reiseverboten. Verhaftungen erfolgen demnach wegen auffälligen Aussehens, religiöser Äußerungen oder bereits verbüßter Delikte. Die Organisation bemängelte die Straflosigkeit für Menschenrechtsverletzungen, die die Kultur der Gewalt fördere.
Auch gibt es im Gegensatz zur Türkei keine Landgrenze mit Schengen, was solche Erpressungsversuche den Biss nimmt.
Das verstehe ich nicht. Wir haben gerade ein Abkommen mit denen geschlossen, um die Migration übers Mittelmeer zu verringern. Da können die genauso drohen, dass sie die Schlepper trotzdem gewehren lassen, wie es die Türkei kann. Inwiefern sind wir da weniger Erpessbar nur weil es übers Meer statt übers Festland geht?
Das verstehe ich nicht. Wir haben gerade ein Abkommen mit denen geschlossen, um die Migration übers Mittelmeer zu verringern. Da können die genauso drohen, dass sie die Schlepper trotzdem gewehren lassen, wie es die Türkei kann. Inwiefern sind wir da weniger Erpessbar nur weil es übers Meer statt übers Festland geht?
Weil das eine Land die angesammelten Migranten auf einmal über die Grenze schicken kann und das andere Land nicht. Tunesien kann nur damit drohen das Abkommen aufzulösen und dann wären wir genau da wo wir heute sind. Erdogan kann Millionen Menschen von heute auf morgen an der Grenze absetzen und sie militärisch daran hindern zurück in die Türkei zu gehen.