Soundtrack Rechtsaußen-TikTok: Einst war das Marschlied „Erika“ das Propaganda-Lied der Nazis, heute dient das Marschlied „Erika“ auf TikTok zur Glorifizierung des Zweiten Weltkriegs
Einst war das Marschlied „Erika“ das Propaganda-Lied der Nazis, heute dient es TikTok-User*innen zur Glorifizierung des Zweiten Weltkriegs und als Untermalung für Anime-Serien, in denen Mädchen auf deutschen Panzern Krieg spielen.
Einst war das Marschlied „Erika“ das Propaganda-Lied der Nazis, heute dient es TikTok-User*innen zur Glorifizierung des Zweiten Weltkriegs und als Untermalung für Anime-Serien, in denen Mädchen auf deutschen Panzern Krieg spielen.
Besonders TikTok-User*innen wird dieses Lied vielleicht schon begegnet sein: „Auf der Heide blüht ein kleines Blümelein – Und das heißt – Erika – Heiß von hunderttausend kleinen – Bienelein – Wird umschwärmt – Erika“. Der Marsch des Komponisten Ferdinand Nielebock, bekannt als Herms Niel, erfreute sich nicht nur als NS-Propaganda-Liedgut in den 1930ern großer Beliebtheit, sondern ist heute ein beliebtes Sound-Meme auf TikTok.
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Als Internet-Meme geisterte es bereits durch die Foren und Boardkultur seit 2010. Etwa 2021 wurde das Lied schließlich zu einem Sound-Meme im Gaming-Bereich und auf TikTok. Die Videos auf TikTok mögen nicht alle Bezüge zum Zweiten Weltkrieg oder NS-Ideologie haben, aber zahlreiche Videos zeigen eindeutige Symbole und Bilder der Wehrmacht.
Eine beliebte Strategie, um den Nationalsozialismus zu verherrlichen, ist die Inszenierung der Accounts als geschichtsinteressiert. Auf TikTok wurde das Lied etwa mit Bildern tanzender Juden unterlegt. Der antisemitische Kontext wird erst ersichtlich, wenn man den Hintergrund zum Lied kennt, das die musikalische Untermalung des Massenmords an Jüdinnen und Juden war. Dieses Beispiel wurde im Verfassungsschutzbericht 2021 aus Brandenburg erwähnt. Bezeichnend ist, dass die Sounduploads weit über Deutschland hinaus populär zu sein scheinen.
Der antisemitische Kontext wird erst ersichtlich, wenn man den Hintergrund zum Lied kennt, das die musikalische Untermalung des Massenmords an Jüdinnen und Juden war.
Klar, Ferdinand Nielebock ist quasi gleich nach Machtergreifung der Nazis NSDAP-Mitglied geworden und ich sehe auch, dass er mit "Erika" einen sehr praktischen Durchhaltesong für Wehrmachtssoldaten auf Eroberungsfeldzug geschrieben hat.
Doch das kapiere ich irgendwie nicht? Kann mir das jemand erklären?
Ganz platt gesagt: Das Lied ist für die Wehrmacht komponiert worden, ist dort populär geworden, die Wehrmacht hat das halt beim Marschieren und Morden gesungen und das kriegst du halt nicht mehr aus dem Lied raus. Genau wie du halt den Darth Vader-Themesong nicht ohne Darth Vader denken kannst. Wenn dann die Enkel von Luke Skywalker ihre galaktischen Hologramm-Kristalle mit dem Darth Vader-Song untermalen, dürfen die überlebenden Alderaaner das doof finden.
Den Wehrmachtskontext sehe ich auch absolut! Aber die Aussage "[das Lied], das die musikalische Untermalung des Massenmords an Jüdinnen und Juden war" finde ich noch mal heftiger. Wenn es um das musikalische Äquivalent von "Arbeit macht frei" gehen würde, würde ich ja zustimmen, aber so müsste das dann doch eigentlich für alle Marschlieder der Wehrmacht gelten oder für jegliche andere Propaganda aus der Nazi-Zeit. Oder gibt es etwas an dem Lied, was eine besondere Verbindung zum Holocaust hat?
Ja, klar. Die Nazis waren so schlimm, die Nazis haben so gewütet, dass sie ernsthaft einen großen Teil der von ihnen berührten Kultur korrumpiert haben. Und wenn du dann noch so Dinge hast, die bei Neonazis total beliebt sind, dann solltest du dir bei Nutzung ersthaft Gedanken machen, warum du gerade das nutzt.