Die City ohne Autos: Das Projekt Transurban wird sechs Wochen lang zeigen, wie das aussehen könnte. Bewohner der Südstadt sind wütend, weil das ihre Probleme verschärft: Parknot, mangelnde Sicherheit und Vermüllung.
Krefeld · Die City ohne Autos: Das Projekt Transurban wird sechs Wochen lang zeigen, wie das aussehen könnte. Bewohner der Südstadt sind wütend, weil das ihre Probleme verschärft: Parknot, mangelnde Sicherheit und Vermüllung.
Wüsste ja wirklich gern, welcher Zusammenhang zwischen Autos in der Innenstadt und Sicherheit sowie Autos und Müll besteht. Hat jemand den Artikel ohne Paywall?
Ein orange lackierter Kleinwagen steht neuerdings auf dem Westwall-Parkplatz. Aus dem geöffneten Dach wächst ein Bäumchen. Als Dauerparker soll der stillgelegte Pkw Vorfreude schüren: Vom 21. August bis 23. September wird der Westwall sich mit Kunst und Aktion füllen. Transurban, eine NRW-weite Plattform für „urbane Kunst und vernetzte Städte, Akteure und Programme“ wird im Auftrag der Stadt die „Potenziale der Mobilitätswende“ ergründen. Was wäre, wenn auf dem Mittelstreifen keine Autos mehr parkten, kein Markt mehr stattfände - wenn hier Raum für Fußgänger und Radfahrer entstünde?
Schon im Vorfeld gibt es reichlich Gegenwind. Viele Anwohner sind wütend, weil die Aktionswochen, die am 17. September auch eine komplette Sperrung für den Individualverkehr auf allen vier Wällen bedeutet, eine Situation verschärft, die bereits viele Bewohner der Südstadt an die Grenzen treibt. Parkplätze für Anwohner reichen nicht aus, die Vermüllung nimmt zu, die Sicherheit ab. Die Aktionswochen als Austarieren für die Zukunft sehen die, die dort leben, als bedrohliches Vorzeichen.
Hintergrund: Die Stadt hat im „Integrierten Mobilitätskonzept“ die Umgestaltung der vier Wälle erarbeitet. Sie sollen in Zukunft als Einbahnstraßen befahren werden (auf der von der Innenstadt abgewandten Seite) und nur für ÖPNV, Taxi, Lieferverkehr und mit Ausnahmegenehmigung. Die Gegenrichtung wird Fußgänger- und Radfahrer-Areal. Parken wird nicht mehr möglich sein. Die Aktionswochen sind quasi ein Probelauf.
Aber: Das hat nicht nur Auswirkung auf den Westwall. Die Autorin Viktoria Lösche, Anwohnerin aus der Nähe des Westwalls, hat in einem Brief an die Stadt auf die Zustände aufmerksam gemacht. „Eine autoarme, begrünte und neu belebte Innenstadt ist zu begrüßen“, schreibt sie, aber viele Menschen seien auf das Auto angewiesen. In der Südstadt ist durch langwierige Großbaustellen und nicht realisierte Quartiersgaragen immer mehr Parkraum verschwunden. In Tiefgaragen, die nicht bewacht sind, traue sie - wie viele andere Frauen - sich nicht. Und sie verweist auf die Hinterlassenschaft von Drogenkranken, Obdachlosen und anderen Menschen auf den bereits schön gestalteten Bereichen von West- und Südwall.
Anna-Kristina Knebel und Ruth Esser-Rehbein vom städtischen Fachbereich Stadt- und Verkehrsplanung, haben reagiert und gemeinsam mit Innenstadtkoordinator Thomas Brocker und Jan Gerits von Transurban zum Gespräch geladen. Sie waren überrascht, wie viele Anwohnerinnen und Anwohner von Westwall und naheliegenden Straßen gekommen waren, um ihre Sorgen zu schildern.
„Mir hat das Herz geblutet, als die Bäume am Kaiser-Wilhelm-Museum gefällt worden sind“, sagt eine Anwohnerin. Dort sei Fläche versiegelt worden. „Jetzt wollen Sie den Fehler auf dem Westwall wieder gut machen.“ Die Befürchtung vieler: „Hier wird alles schön gemacht, damit es weitere Ecken für Dreck gibt.“ Die Bäume, die schon auf dem Westwall stehen, bräuchten dringend Pflege, die angelegten Bereiche am Südende und auf dem Südwall seien für die dort Wohnenden oder Spaziergänger nicht nutzbar, weil dort Menschen liegen, trinken, schlafen, Lärm und Müll verursachen. „Ich lade die Politiker ein, einen Monat hier zu wohnen und dann Politik zu machen“, sagte eine Frau von der Lindenstraße. „Auch Bewohner der Innenstadt haben Rechte.“ Unrat und Fäkalien vor und in den Hauseingängen müssten sie täglich entsorgen. Es gehe nicht darum, Menschen zu vertreiben, sondern darum, ihnen zu helfen und die Verwahrlosung ehemals guter Wohngebiete nicht länger zuzulassen.
Brocker verwies auf die personelle Verstärkung des Kommunalen Ordnungsdienstes und Streetworker. Es dauere, bis Maßnahmen greifen. „Wir sehen, dass schon weniger Drogenkonsumierende aus anderen Städten nach Krefeld kommen“, sagte er. Aber auch: „In osteuropäischen Ländern ist es üblich, Müll auf der Straße abzuladen. Da wir ihn dann wegräumen, bestärken wir dieses Verhalten in gewisser Weise.“
Ein Konzept von Auswärtigen übergestülpt zu bekommen, das das Leben in der Innenstadt noch schwieriger mache, weil man schon herrschende Nöte nicht sehe, war eine mehrfach geäußerte Befürchtung. „Es ist ein Experiment, zu welchen Bedingungen das Mobilitätskonzept umsetzbar ist. Wir wollen den Dialog“, sagte Knebel. Der Grundriss der vier Wälle sei ein historischer Schatz, den man wieder heben wolle: Autos raus, statt dessen Grünstreifen. „Historisch gesehen war der Westwall keine durchgängige Flaniermeile“, wandte ein Anwohner, der historische Aufnahmen mitgebracht hatte, ein. Auf Höhe des Museums war immer ein Marktplatz.
„Die Innenstadt ist tot, wenn es hier keine Parkplätze mehr gibt, wer soll dann noch kommen“, fragte ein Geschäftsmann. Auf Knebels Einwand: „Es gibt auch Leute, die autofreie Wälle wollen“ kam die Frage: „Wo sind die denn?“
In Tiefgaragen, die nicht bewacht sind, traue sie - wie viele andere Frauen - sich nicht. Und sie verweist auf die Hinterlassenschaft von Drogenkranken, Obdachlosen und anderen Menschen auf den bereits schön gestalteten Bereichen von West- und Südwall.
Die ist natürlich etwas älter und nicht auf Krefeld ausgerichtet, aber im Allgemeinen wird die Bedrohung im öffentlichen Raum schon drastisch überschätzt. Vor allem Frauen und Kinder erfahren Gewalt statistisch gesehen fast ausschließlich von Angehörigen.
Also vieles davon klingt für mich erstmal so, als ob es keinen direkten Zusammenhang zu Parkplätzen oder Verkehr hätte, sondern eher danach, dass die Stadt unabhängig davon evtl. mehr in die Abfallentsorgung und Drogenprogramme investieren sollte.
„Die Innenstadt ist tot, wenn es hier keine Parkplätze mehr gibt, wer soll dann noch kommen“, fragte ein Geschäftsmann.
In vielen Städten, wo das ausprobiert wurde, haben solche Maßnahmen zu mehr Besuchen in der Innenstadt geführt, nicht weniger. Wobei es natürlich auch sein kann, dass es der Krefelder Innenstadt allgemein schlecht geht, Parkplätze hin oder her.
Mensch denk doch mal nach, mit den Autos werden doch die Verbrecher überfahren und wenn ich mir die Wagen von einigen so anschaue dann fungieren sie ebenso als Mülleimer, das landet ohne Auto alles auf der Straße...
Das ist unironisch genau der Müll, den ich von wütenden Autoparkern in der Innenstadt erwarte. Aber ich wollte wenigstens das ganze Argument lesen, bevor ich diese Gruppe endgültig in die entsprechende Schublade stecke.
Konnte den Artikel aber auch mit meinem Bücherei-Genios-Zugang nicht finden und auch sonst auf die schnelle keine Präsenz der Krefelder Wutbürger in sozialen Medien oder anderswo im Internet finden.