Mehr als nur eine Konzert-Absage: Michael Wendler & Co stehen für den Zeitgeist des Hasses – gegen "Regenbogen-Terror", "Globalisten" und Marginalisierte. (Meinung - Standpunkt)
Mehr als nur eine Konzert-Absage: Michael Wendler & Co stehen für den Zeitgeist des Hasses – gegen "Regenbogen-Terror", "Globalisten" und Marginalisierte.
"Regenbogenterror". Schon wenn ich das lese schwillt mir der Kamm. Genau wie das rumgeheule von "Sprachdiktatur" beim Gendern.
Dabei zwingen weder LGBTQ noch gendergerecht Sprechende ihre Meinung anderen auf oder terrorisieren diese. Umgekehrt hingegen wird von den Gegnern Freiheit unterdrückt um ... äh..... Freiheit zu schützen? Fuck for virginity oder so? Dumme Idioten.
Was mich noch viel mehr nervt, ist dass das alles in einen Topf geworfen wird. Ich kann gendergerechte Sprache scheußlich finden (vor allem wenn sie mir vom Arbeitgeber oder der Uni diktiert wird), aber es gleichzeitig befürworten, dass queere Menschen ihr Leben ohne Angst und Einschränkungen leben können und wir ihnen als Gesellschaft keine Steine in den Weg legen. Also beispielsweise dass das gruselige Transsexuellengesetz endlich geändert wird.
Leider wird das von vielen Leuten vermengt und speziell in rechten Kreisen immer gleich der Bogen vom Gendern zur "Regenbogenideologie" o.ä. gespannt. Vermutlich um die Angriffsfläche zu vergrößern. Queeren Menschen begegnen die meisten AfD-Wähler im Alltag wahrscheinlich gar nicht (bewusst), aber das Gendern ist präsent und wird von der absoluten Mehrheit als nervig wahrgenommen. Ein gefundenes Fressen für Demagogen, um das als Steigbügel in der Hetze gegen queere Menschen zu nutzen.
Wobei das Gendern oft völlig überbewertet wird. Denn niemand zwingt andere, selbst so zu schreiben. Das höchstmaß der Gefühle ist also, zu akzeptieren, dass andere so schreiben. Wer das nicht kann, muss Artikel oder Bücher, die so geschrieben sind, ja nicht lesen. Zur Toleranz gehört halt, Leute so schreiben zu lassen, wie sie wollen.
Viele geraten aber sofort in Rage, wenn sie nur irgendeine Form von gegenderten Wörtern lesen, obwohl sie das gar nicht lesen müss(t)en.
Zur Toleranz gehört halt, Leute so schreiben zu lassen, wie sie wollen.
Richtig. Deswegen ist's mir auch egal, wenn andere das tun. Mich nervt wie gesagt nur, wenn man von Arbeitgebern und Unis dazu gezwungen wird. Gerade im öffentlichen Dienst ist das mittlerweile weit verbreitet. In der Außenkommunikation: okay, meinetwegen. Aber mittlerweile bekommt man schon auf den Deckel, wenn man in internen Dokumenten, die nie veröffentlicht werden, nicht gendert. Und da hört der Spaß halt irgendwo auf, denn da geraten gewissermaßen die Gender-Befürworter in Rage, wenn sie irgendeine Form von nicht-gegenderten Wörtern lesen. Ist halt genauso scheiße.
Wenn ich dafür bezahlt werde, kann ich auch darüber hinwegsehen. Auf Arbeit muss ich vieles tun, was ich privat nie machen würde. Und mich an Richtlinien halten, die mir persönlich völlig egal wären.
Ich habe das oben verkürzt geschrieben. Worauf ich hinaus wollte: ich finde es nicht gut, wenn mir im Ausdruck etwas Unübliches aufgedrückt wird.
Menschen zu siezen ist im Geschäftsbereich eine übliche Gepflogenheit. Damit habe ich kein Problem. Sonderzeichen mitten in Wörtern sind hingegen nicht üblich (und werden darüber hinaus von der Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt).
Sowas ergibt sich ja aber erst durch Nutzung. Ohne Nutzung, wird nie etwas "üblich". z.B. war es auch mal gängig (und ist es in einigen Unternehmen immernoch), dass man auch Vorgesetzte siezt. In immer mehr Unternehmen setzt sich aber auch durch, dass man dass sich praktisch alle duzen. Könnte man mit "ist nicht üblich" auch abbügeln und damit für immer beim Status Quo bleiben.
Es war auch mal üblich, Kinder zu schlagen. Hat sich zum Glück auch gelegt.
Der Punkt ist: Änderungen gehören dazu und "üblich" kann sich ändern. Könnte es das nicht, hätten wir keinen Fortschritt sondern Stillstand.
Da zeigt sich mal wieder, in was für einer Diktatur wir leben, wo ich meine Kinder nicht mehr schlagen darf. Alles nehmen sie uns weg!
Aber Spaß beiseite, finde deine Argumentation super. Sprache ist ein Produkt aus Gewohnheiten und ständig im Wandel, müssen wir alle irgendwie mit klarkommen.
Dann warte noch einige Jahre, dann ist gendergerechte Sprache auch eine "übliche Gepflogenheit" und niemand wird das noch ernsthaft hinterfragen. Ganz genau so, wie mit jeder anderen Formulierung, die wir heute so selbstverständlich nutzen.
Sprache befindet sich im stetigen Wandel und dieser kann nicht aufgehalten werden.
Ich fluche äußerst gern, muss ich auf Arbeit und besonders in Schriftform aber trotzdem zügeln. Das ist auch persönliche Ausdrucksweise, die ich für den professionellen Umgang unterdrücken muss. War meines Erachtens nie anders. Kleidung in vielen Berufen doch auch. Ein Anwalt, mit dem ich zu tun hatte, rennt privat in Lederklamotten rum und fährt Harley. Der trägt auch nicht gern Anzüge, Roben und gehlt sich die Haare. Entspricht offensichtlich auch nicht seinem Charakter. Aber Arbeit ist Arbeit.
Gehört halt dazu, um ein Feindbild aufzubauen. Es geht denen ja nicht um inhaltliche Auseinandersetzung mit progressiven Themen, sondern die generelle Dämonisierung von allem neuen.
Und progressive Themen werden ja auch von unterschiedlichsten Personen und Instanzen verhandelt. Gerade bei größeren Institutionen die das gendern vorgeben, Frage ich mich, inwiefern dort stumpf etwas durchgesetzt wird, ohne tatsächlich die dahinterliegenden Werte zu teilen. Aber wenn wir einen gesellschaftlichen Wandel wollen, muss das ja auch irgendwann bei der Mehrheit ankommen. Und da ist dann wahrscheinlich ein guter Mittelweg, eine Balance zwischen feministischer Wissensvermittlung auf der einen und institutionelle Vorgaben auf der anderen Seite. Ist sicherlich zunächst frustrierend, aber man gewöhnt sich dran ;)
Jupp merke es selber im Bekanntenkreis. Eingriff in die Sprache in Kombination mit einer immer schlechteren wirtschaftlichen Lage ist halt eine perfekte Vorlage für die Rechten, um zu versuchen einen Fuß in die Tür zu bekommen. Egal wie real die "Bedrohung" nun wirklich ist.
Die sehen sich (oder viel mehr ihr fragwürdiges Weltbild) durch die steigende Toleranz und Akzeptanz von Minderheiten bedroht. Die oft vertretende Narrative von wegen "früher war alles besser und wir sollten gesellschaftlich und politisch dahin zurückkehren" funktioniert halt nicht, wenn man mal jenseits des Tellerrandes der weißen, neurotypischen, cisgeschlechtlichen, heterosexuellen Mehrheit Westeuropas und NAs schaut. Und das wissen diese Leute ganz genau, wenn auch nur unterbewusst.
Jetzt haben sie also die Wahl: das eigene Weltbild wahrscheinlich mitsamt der eigenen Person komplett hinterfragen oder gegen die fortschreitende Akzeptanz und Unterstützung für Queere, Neurodivergente oder Nichtweiße vorgehen und somit den Schein erzeugen, als wäre die schlechte Situation von damals genauso beschissen heute und dass damit einer gesellschaftspolitischen Regression nichts mehr im Wege steht.
Da selbstverständlich das Weltbild korrekt und das eigene Passfoto im Wörterbuch neben "perfekte Persönlichkeit" gedruckt wird, ist es ein Nobrainer den gesellschaftlichen Wandel hinter Akzeptanz (und die dafür stehenden Mittel und Symbole) als Unterdrückung zu sehen und entsprechend zu diffamieren.
Ja, und trotzdem verstehe ich nicht wie man so unflexibel sein kann. Ist es einfach nur Ignoranz der Welt gegenüber? Meine besten Freunde hier sind ein lesbisches und ein schwules Pärchen. Und als mittelalte weiße Hete (männlich) hat mich das noch nie auch nur im geringsten gestört, beeinflusst oder verunsichert.