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#Kreislaufwirtschaft (2): Schein oder Sein?

Nach dem Versuch eines Überblicks (https://feddit.org/post/2284938) ist auch der angekündigte Teil mit ergänzenden Aspekten etwas angewachsen, weshalb ich die drei Abschnitte einzeln poste.
Den anreißenden Charakter habe ich aber beibehalten und an dieser Stelle nicht nochmal vertiefend nachgearbeitet.

Aus leeren Versprechungen lernen, nicht von ihnen

Wenig überraschend hat man sich im Allgemeinen bei den ‘Rs’ mit dem Recycling auf etwas konzentriert, das unten in der Hierarchie steht und das an die gewohnten Abläufe mehr oder weniger drangehängt werden kann, ohne sonst viel zu ändern. Das Hauptproblem aber ist, dass das System nicht annähernd das leistet, was Herstellerangaben und Mülltrennung suggerieren.

Die Dokumentation “Plastik - Die Recyclinglüge” (2021) z. B. zeichnet nach, was die Branchenweisheit ‘Abfall sucht sich immer das günstigste Loch’ bedeutet. Statt aufwendiges echtes Recycling (5% des Plastikmülls, im Film ab 00:20:45) subventioniertes Downcycling und Verbrennen, dazu legale und illegale Formen des Exports (und parallel natürlich viel neues, ‘virgines’ Plastik auf Ölbasis). Recyling politisch als ‘stoffliche Verwertung’ definiert erreicht so 45%.

Dieses nachgelagerte System krankt also weitgehend im Verborgenen vor sich hin, während die Greenwashing-Offensive im Konsumbereich auch hinsichtlich Recycling auf vollen Touren läuft. Der Unternehmer Reinhard Schneider (Die Ablenkungsfalle. Die versteckten Tricks der Ökologie-Bremser. Wie wir unsere Umwelt nicht länger aufs Spiel setzen, München 2023) kritisiert verschiedenste Praktiken der Irreführung. Verpackungen ‘aus Recyclingmaterial’, das nicht ausdrücklich aus so genanntem Post-Consumer-Abfall stammt, können z. B. auch aus produktionsbedingten Resten gefertigt werden, deren Nutzung schon immer im betriebswirtschaftlichen Interesse lag und erfolgte (Industrierezyklat, s. S.70).

So spielt das Konzept Recycling leider seine Rolle im Scheinklimaschutz, könnte aber auch in einem ganzheitlichen System seinen Part erfüllen. Schneider plädiert zum einen für staatliche Regulierung (z.B. klare Vorgaben und mit Steuerprüfungen vergleichbare Nachhaltigkeitsprüfungen, S. 231), zum anderen für Unternehmenskulturen, die Stück für Stück wieder Vertrauen aufbauen, indem nicht mehr versprochen als getan wird - und stetig mehr getan wird (u. a. Kap. 11).

Das Patentrecht bzw. den Umgang damit sieht er als weiteren Knackpunkt: So würden z. T. nachhaltigere Prozesse oder Produkte patentiert einzig mit dem Ziel die Konkurrenz von Vergleichbarem abzuhalten und selbst wie gewohnt weiterzumachen. Als kooperatives Gegenmodell nennt er das Teilen von Know How (Open Innovation, s. Kap. 5). Für das eigene Kerngeschäft mit Reinigungsmitteln gibt er an, dass nach eigener Erfahrung Mehrweg- und Nachfüllmodelle sich nicht als praktikabel erwiesen hätten, weshalb sie sich auf die Optimierung des Recyclingsprozesses konzentrieren würden.


Hier ein kurzer Vortrag von Schneider anlässlich der Buchveröffentlichung. Die anschließende Diskussion berührt mit Vertreter*Innen von Umwelt- und Industrieverbänden und Politik eine ganze Reihe von anderen interessanten Punkten: 
https://www.youtube.com/watch?v=ngNH7_i7UTw

Kreislaufwirtschaft: Von der Rhetorik zur Praxis (Prof. Vera Susanne Rotter): Der Sachverständigenrat für Umweltfragen hat in seinem Umweltbericht 2020 auch konkretere Schritte gefordert. Das entsprechende Kapitel wird in diesem kurzen Video vorgestellt (Textquellen in der Beschreibung).

[zuerst im alten Forum gepostet, 19.3.24]


#wirtschaft #konsum

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