Am deutschen Immobilienmarkt mehren sich die Warnsignale: Kosten steigen, Projekte werden gestoppt, Firmen gehen pleite. Und dass die Immobilienpreise sinken, ist kein Anzeichen einer Erholung. Ein Überblick.
Am deutschen Immobilienmarkt mehren sich die Warnsignale: Kosten steigen, Projekte werden gestoppt, Firmen gehen pleite. Und dass die Immobilienpreise sinken, ist kein Anzeichen einer Erholung. Ein Überblick.
Die Renditen in den letzten 15 Jahren waren ziemlich mittelmäßig in der Breite betrachtet. Dass die Bau- und Sanierungskosten in den letzten 20 Jahren schon kontinuierlich deutlich gestiegen sind hätte schon deutlich früher zu einer Krise geführt, wenn nicht parallel das Geld quasi kostenlos geworden wäre. Die gestiegenen Baukosten wurden also durch die fast nicht mehr vorhandenen Finanzierungskosten kompensiert, wodurch das schon lange vorhandene Problem schön kaschiert wurde. Jetzt gibt es wieder Zinsen, historisch betrachtet auf ziemlich moderatem Niveau, und die Rechnung geht gar nicht mehr auf. Die letzten 15 Jahre war der Fremdkapitalhebel praktisch der einzige Grund, überhaupt in Immobilien zu investieren, denn die Rendite eines MSCI World ETF war über diesen Zeitraum deutlich besser und das Risiko deutlich geringer. Der einzige Vorteil der Immobilie war, dass man sie mit geliehenem Geld kaufen konnte, was mit Wertpapieren so normalerweise nicht geht. Dieser Vorteil ist jetzt weg, weil mit Vermietung dank gebremster und gedeckelter Preise operativ deutlich weniger Rendite erwirtschaftet wird, als das geliehene Geld an Zinsen kostet. Die Rechnung geht schlicht nicht mehr auf.
Der Markt bildet jetzt die tatsächliche Situation bei Immobilien ab. Und die ist: Aktuell bestehen die Baukosten etwa zur Hälfte aus Investitionen in Energiesparmaßnahmen. Inflationsbereinigt ist also allein dadurch Bauen etwa doppelt so teuer geworden. Dazu kommen erhöhte Anforderungen an Brandschutz, Schallschutz, Sicherheit und Komfortniveau der Elektrik, Komfortniveau der Bäder, Barrierefreiheit. An den deutlich höheren Standard haben sich die Bewohner schnell gewöhnt, der Komfort ist schön, Sicherheit tut nicht weh, die niedrigen Energiekosten hat man auch gerne. Dank Nullzinspolitik haben wir all diese Vorzüge unter dem Strich zum Schnäppchenpreis bekommen, sowohl die Mieter als auch die Eigentümer. Der Wohnstandard und die Baukosten sind bei neuen Gebäuden in den letzten 20 Jahren viel mehr gestiegen als die Mieten das abbilden. Die Mieten haben also Nachholbedarf, deshalb steigen sie egal was die Politiker tun, und wenn man sie nicht mehr steigen lässt werden die Buden halt an Selbstnutzer verkauft, weil das dann einfach mehr Sinn ergibt. Für Neubau muss man entweder akzeptieren, dass die heutigen Anforderungen recht hoch und damit teuer sind, oder die Anforderungen halt senken. Der Kostensprung von KfW70 auf KfW55 ist erheblich, die LAN-Verkabelung und einige Steckdosen braucht man vielleicht nicht, das Bad kann weniger elegant aussehen (muss ja nicht gleich der 40-€-Pott und der offene verchromte Siphon sein, aber da ist auch was zu holen), die Dusche kann ne Duschtasse haben statt bodengleich gefliest zu sein, Aufzüge sind zwar beim Umzug ganz praktisch aber im Alltag meist verzichtbar und eher ungesund, usw. usw.. Dann kann man auch zu leistbaren Kosten bauen und vermieten. Bürokratie abbauen würde natürlich auch helfen, wer schon mal mit Bau(verhinderungs)ämtern zu tun hatte kennt das in den meisten Kommunen.
Und für den Bestand gilt: Die Neuvermietungen subventionieren die teils absurd niedrigen Bestandsmieten. Gerechter wäre, wenn Altverträge regelmäßig auf Marktniveau angepasst würden, wie es der Mietspiegel eigentlich nahelegt. Machen noch zu wenige, ist auch rechtlich begrenzt. Je mehr Kosten und Anforderungen den Vermietern aufgebürdet werden, desto teurer werden die Mieten. Schon die Androhung einer Kostenerhöhung (z. B. Grundsteuer nur von Vermietern zu zahlen) führt dazu, dass Mieten erhöht werden, weil man sich ja für diese Kostenerhöhung wappnen muss.
Allgemein sollte die deutsche Gesellschaft verstehen, dass Mieten nicht etwas soziales ist, sondern eine Serviceleistung, die Geld kostet. Der Mieter verschiebt Risiken, Unannehmlichkeiten und Aufwand zum Vermieter. Der Vermieter nimmt dafür Geld, weil er all diese Dinge nicht aus Spaß macht. Das ist ein Komfortprodukt, keine soziale Sache, und dauerhaft zur Miete zu leben ist entsprechend wirtschaftlich nicht sinnvoll für Mieter. Wird es auch nie sein. Das gilt genauso für Leihwagen, Leihwerkzeuge und was man sonst noch alles leihen kann. Mieten ist wirtschaftlich nur sinnvoll für Dinge, die man eher kurzzeitig braucht. Sozial viel sinnvoller wäre, wenn der Staat jedem Bürger einen nachrangigen billigen oder kostenfreien Kredit einer bestimmten Höhe (z. B. 100 k€ pro Kopf) gibt, dessen Mindestrate mit den Bürgergeld-Wohnkosten tragbar ist und auch von Bürgergeld bezahlt würde. So könnte sich jeder beim Auszug aus dem Elternhaus schon ne kleine Wohnung leisten und ab Lehre / Studium mit Abzahlen anfangen. Dazu müsste die Grunderwerbsteuer für Selbstnutzer abgeschafft oder mit Freibetrag von z. B. 500 k€ pro Kopf versehen werden, so dass Umzüge kein Problem sind und man seine Wohnung schlicht verkauft wenn man woanders hin möchte oder mehr oder weniger Platz braucht wegen geänderten Lebensverhältnissen.
Der Mietmarkt würde dann vermutlich ziemlich absacken, weil viele keinen Sinn mehr in Mietwohnungen sehen würden. Im Gegenzug gibt es großen Bedarf an Eigentumswohnungen, der durch Verkauf von ehemaligen Mietwohnungen aber auch gut gedeckt werden kann.
Die Mieterquote muss drastisch runter, nur so sind die Probleme nachhaltig zu lösen.