Republik Moldau: So funktionierte der russische Wahlbetrug
Republik Moldau: So funktionierte der russische Wahlbetrug
In der Republik Moldau wurden bei der Präsidentschaftswahl und dem EU-Referendum hunderttausende Stimmen gekauft - mit massiver russischer Hilfe. Wie genau der Betrug ablief, legte nun die moldauische Polizei offen.
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Dem moldauischen Polizeichef Viorel Cernauteanu zufolge hat eine kriminelle Gruppierung um den moldauisch-israelischen Geschäftsmann Ilan Shor, der in Russland lebt, seit April 2024 rund 138.000 moldauische Staatsbürger in ein Netzwerk zum Stimmenkauf eingebunden. Für die Betreffenden wurden Konten bei der russischen Promswjasbank (PSB) eröffnet. Die einst private PSB ist seit 2018 in russischem Staatsbesitz; sie gilt als Bank der russischen Rüstungsindustrie und unterlag bereits vor dem vollständigen russischen Krieg gegen die Ukraine westlichen Sanktionen.
Über eine PSB-App hatten moldauische Bürger Zugriff auf das Geld auf ihren PSB-Konten, das ihnen für ihre Wählerstimmen sowie für die Stimmen von Angehörigen gezahlt wurde. Bei der Präsidentschaftswahl und dem EU-Referendum erhielten Einzelpersonen jeweils umgerechnet rund 100 Euro für eine Stimme zugunsten eines prorussischen Kandidaten und gegen die EU-Integration der Republik Moldau.
Ausgezahlt wurde das Geld über hunderte so genannter "lokaler Koordinatoren", die zuvor prüfen mussten, ob die Personen in ihrer jeweiligen Gruppe vereinbarungsgemäß gestimmt hatten. Die Betreffenden konnten ihr Votum mittels Fotos von Wahlzetteln aus der Wahlkabine nachweisen. Die moldauische Polizei dokumentierte seit April 2024 etwa 1,4 Millionen Transaktionen über die PSB-App von in der Republik Moldau ansässigen Personen. Das meiste Geld wurde in den Wochen vor den Abstimmungen an PSB-Konten von moldauischen Bürgern überwiesen: insgesamt rund 39 Millionen Dollar.
Schätzungen zufolge sollen zusätzlich zu den bekannten 138.000 App-Nutzern jeweils weitere zwei bis vier Personen pro Nutzer eingebunden gewesen sein, wohl zumeist Familienangehörige. Dabei entspricht allein die Zahl der App-Nutzer mehr als zehn Prozent der Zahl der Wähler, die am 20. Oktober in der Republik Moldau selbst zur Abstimmung gingen, die also nicht im Ausland abstimmten.
Der moldauische Polizeichef Cernauteanu ließ bei einer Pressekonferenz vergangene Woche keinen Zweifel daran, dass "die Wahlkorruptionsaktionen von Mitgliedern der kriminellen Organisation Ilan Shors durchgeführt" worden seien. Shor wurde wegen des sogenannten Milliardenraubs in der Republik Moldau rechtskräftig zu 15 Jahren Haft verurteilt, floh aber bereits 2019 nach Israel.
Anfang 2024 zog er nach Russland. Beim "Milliardenraub" wurden von 2012 bis 2014 mittels verschachtelter Kreditkonstruktionen rund eine Milliarde Euro aus moldauischen Banken gestohlen. Ilan Shor gilt als Hauptorganisator des Raubs. Er steht auf Sanktionslisten der USA und der EU und wird mit Haftbefehl von Interpol gesucht. Russland weigert sich, ihn auszuliefern.
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