Der Ton des Briefes ist deutlich: Die SPD betreibe "Realitätsverweigerung", schreiben fünf Wissenschaftler mit Blick auf die Ukraine an die Parteispitze. Sie kritisieren Aussagen von Kanzler Scholz und Fraktionschef Mützenich. Von Georg Schwarte.
Der Ton des Briefes ist deutlich: Die SPD betreibe "Realitätsverweigerung", schreiben fünf Wissenschaftler mit Blick auf die Ukraine an die Parteispitze. Sie kritisieren Aussagen von Kanzler Scholz und Fraktionschef Mützenich.
Heinrich August Winkler ist nicht irgendwer. Er gilt als einer der wichtigsten Historiker des Landes. Was er jetzt zusammen mit vier anderen sozialdemokratischen Professorinnen und Professoren als Brandbrief an den SPD-Parteivorstand und damit auch an den Kanzler schreibt, klingt nach Abrechnung in Sachen Ukraine-Politik der SPD: "Die Kommunikation des Kanzlers, der Partei und der Fraktionsspitzen in Fragen von Waffenlieferungen wird in der Öffentlichkeit zu Recht scharf kritisiert."
Argumente und Begründungen seien demnach immer wieder "willkürlich, erratisch und nicht selten faktisch falsch", heißt es etwa in dem zweiseitigen Brief, der dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt.
Winkler ist seit 60 Jahren SPD-Mitglied, hatte bereits 2016 in der SPD-Parteizeitung "Vorwärts" vor Wladimir Putins territorialem Machtstreben gewarnt und kritisiert wie die vier anderen jetzt in erstaunlicher Deutlichkeit, Handeln und Worte auch des Bundeskanzlers: "Wenn Kanzler und Parteispitze rote Linien nicht etwa für Russland, sondern ausschließlich für die deutsche Politik ziehen, schwächen sie die deutsche Sicherheitspolitik nachhaltig und spielen Russland in die Hände."
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Konkret gehen die Wissenschaftler auch auf die Debatte um die jüngste Äußerung von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich ein. "Ist es nicht an der Zeit, dass wir nicht nur darüber reden, wie man einen Krieg führt, sondern auch darüber, wie man einen Krieg einfrieren und später auch beenden kann?", hatte Mützenich im Bundestag gefragt. Die Historiker um Winkler sprechen von einer "fatalen Äußerung" und einem "kurzsichtigen Friedensbegriff einiger Genossen".
Nächster Kritikpunkt: In der SPD fehle eine ehrliche Aufarbeitung der Fehler ihrer Russland-Politik der vergangenen Jahrzehnte. "Vielmehr wird die Tradition der Außenpolitik Egon Bahrs nach wie vor unkritisch und romantisierend als Markenzeichen der SPD hochgehalten." Auf diese Weise mache sich die SPD unglaubwürdig und angreifbar.
Bei der SPD sind sie erschrocken über so viel Vehemenz prominenter Historiker. Man sei im Austausch, ein gemeinsames Gespräch nach Ostern geplant, heißt aus der Parteizentrale auf Anfrage des ARD-Hauptstadtstudios.
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Winkler und den anderen Autoren scheint das nicht zu reichen. Sie definieren Zeitenwende anders: "Eine echte Zeitenwende würde vor allem eines erfordern: Das Verständnis dafür, dass Russland bereits seit vielen Jahren einen hybriden Krieg gegen Europa führt und seit Beginn der Vollinvasion den Plan verfolgt, die Ukraine zu zerstören."
Der Ton des Briefes ist deutlich: Die SPD, so schreiben die fünf Sozialdemokraten, betreibe "Realitätsverweigerung".
Der Brandbrief fällt zusammen mit der Ankündigung des SPD-Außenpolitikers Michael Roth, sich nach der kommenden Bundestagswahl aus der Politik zurückzuziehen. Roth, der immer wieder auf mehr Waffen für die Ukraine drängte, hatte erklärt, sein früher Einsatz für die Ukraine habe in der SPD nicht allen gefallen. In seiner Partei gebe es Spannungen in der Frage von Krieg und Frieden.
Das Grummeln über den Kurs der Sozialdemokraten in Sachen Ukraine wird offenbar lauter und öffentlicher. Auch wenn der Kanzler die Debatte in Deutschland zuletzt als "lächerlich" und "peinlich" bezeichnet hatte.
Freut mich dass mal jemand mit entsprechender Qualifikation den Mund aufmacht in der Sache.
Ich bin schon seit dem ersten Cambridge analytica Skandal und der erwiesenen, andauernden russischen Bemühungen soziale Unruhen im Westen zu erzeugen und anzufächern; und durch Unterstützung isolationistischer und autoritärer Parteien und Politiker eine russlandfreundliche Politik zu erwirken, alarmiert von der Ignoranz und Kurzsichtigkeit unserer Politiker.
Diese Publikation, welche Putin sich offensichtlich sehr zu Herzen genommen hat, ist bereits seit Jahrzehnten bekannt:
Darin wird von Dugin, einem ultranationalisten, ein strategischer Plan zum Sturz des Westens ausgeführt, welcher in vielen Bereichen heute tatsächlich Realität ist.
Hab den verlinkten Wikipediaeintrag überflogen...
ALTER!
Ukraine (except Western Ukraine) should be annexed by Russia because "Ukraine as a state has no geopolitical meaning, no particular cultural import or universal significance, no geographic uniqueness, no ethnic exclusiveness, its certain territorial ambitions represents an enormous danger for all of Eurasia and, without resolving the Ukrainian problem, it is in general senseless to speak about continental politics
Ja, ist echt Wahnsinn dass dieses Buch existiert, so populär bei der russischen Militär- und politischen Führung ist, und trotzdem der Westen komplett machtlos ist gegen die russische Cyber-Kriegsführung. Die Schlüsselforderungen lesen sich in weiten Teilen wie Putins Gebrauchsanweisung zur Geopolitik.
Das Buch wurde doch immer mit "jaja, da gibt es die Hardliner, aber die haben kein politisches Gewicht" abgetan. Genauso wie die Militärparaden, die die Gesellschaft militarisiert haben - "das ist da drüben eben so, die haben ja nichts anderes". Auf Reddit würde schon vor Jahren immer wieder auf das Werk hingewiesen. Aber die Eliten haben die Augen verschlossen und im Gegenteil das ganze noch finanziert. Schröder ist keine Ausnahme in der SPD, sondern ein Symptom.
Das macht auf mich immer so ein bisschen den Eindruck wie "Mein Kampf": Es steht schon alles drin, aber am Ende waren doch alle überrascht, dass es so gekommen ist.
Gut, Putin hat das Buch nicht geschrieben, von daher hinkt der Vergleich etwas. Aber dass das Buch in Führungskreisen beliebt ist, ist nicht neu.
Ist übrigens das Gleiche mit Xi Jinping. Der hat in seinen Reden von Anfang an klargemacht, dass er nicht das harmlose Honigschleckermäulchen ist, nach dem er aussieht.
Damit rennst du bei mir offene Türen ein, China ist langfristig noch gefährlicher als Russland für unser Wohlergehen. Auch hier bin ich besorgt und alarmiert über den Unwillen unserer Politiker und auch Unternehmer, langfristiger als bis zum nächsten Quartal zu planen solange die Profite reinkommen, während China eine langfristige Strategie verfolgt, den Westen ökonomisch abhängig zu machen. Bereits jetzt ist die leise oder auch laute Drohung, den Zugang zu billiger chinesischer Arbeitskraft zu verlieren, bedrohlich genug um jeden westlichen Kritiker mundtot zu machen.
China ist explizit expansionistisch und hat Ambitionen auf die bisherige globale Hegemonie-Stellung der USA, inklusive der kulturellen Dominanz anderer Länder. Die übergriffigen chinesischen "Polizeistationen" in westlichen Ländern welche chinesische dissidenten und andere unliebsame Bürger gängeln und bedrohen, oder sogar gleich deren "freiwillige" Rückkehr orchestrieren, sind nur das erste symptom.
China ist die noch größere Bedrohung, nur nicht so unmittelbar wie wenn Putin mit dem atomsäbel rasselt.
Dugin hat in Russland nix zu melden und nichts, was er schreibt ist neu. Die wahre intellektuelle Quelle für Putin ist ein faschistischer Denker aus den 1930ern oder so namens Iwan Iljin. Den haben die Sowjets ins Schweizer Exil verbannt, und Putin persönlich hat seinen Leichnam exhumieren und nach Russland zurückbringen lassen.