Die Gewerkschaft IG Metall will der nordwestdeutschen Stahlindustrie den Weg in die Viertagewoche ebnen - bei deutlich höherem Lohn. Bei den Arbeitgebern stößt das vor der nächsten Tarifrunde erneut auf Ablehnung. Auch von "existenzieller Gefährdung" ist die Rede.
Beide Tarifparteien gehören doch zur Wirtschaft. Ich denke IG-Metall als auch Unternehmen denken gerne an sich.
Man könnte anstatt einer 4Tage-Woche bei vollem Lohmlnausgleich auch ca. 8,5% Lohnerhöhung fordern. Allerdings würde dann der Staat über Steuern und verpflichtende Sozialabgaben einen großen Teil einbehalten. Es wäre noch teurer für die Unternehmen, denn sie müssten zusätzlich den Arbeitgebernanteil einiger Sozialabgaben aufbringen.
Viele denken ja immer, wenn sie "die Wirtschaft" hören, nur an Unternehmen und Kapitaleigner und ich vermute, dass das auf ein jahrzentelanges Framing genau dieser Gruppen zurückgeht. Man sollte anfangen, die Wirtschaft wieder als alle Teile zu begreifen: Private Haushalte mit wenig Kapital (Arbeitnehmer, Sozialhilfeempfänger), private Haushalte mit viel Kapital (Erben, nettopositive Grundbesitzer, Unternehmer), Unternehmen, Staatshaushalte, öffentliche Kassen (Krankenkassen, Rente). Man kann das Geld nur zwischen diesen hin- und herschieben. Unternehmen sind aber, anders als das behauptet wird, nicht der Motor, sondern nur ein Rad am Wagen und alles in ein Premiumrad zu investieren, macht aus einer Kutsche keine Rennsemmel, sondern ein unrund laufendes Fahrzeug.
Die IG Metall hat doch eh schon die 35 Stunden Woche in ihren Verträgen. Es ist also lediglich die Verkürzung der Wochenarbeitszeit um 3 Stunden im Gespräch.
In other News: Knorr Bremse hat neulich seine Wochenarbeitszeit auf 40 Stunden reduziert. Offenbar gibts noch Unternehmen die mit ner 42 Stunden Woche unterwegs sind. Merkwürdigerweise sind da die 2 Stunden weniger kein Problem.
Noch nicht mal das wäre notwendig. 4 * 9 h wären 36 h, 4 * 8½ h wären 34 h, und beides sowohl arbeitsrechtlich als auch praktisch (fast) überall umsetzbar.
Es gibt so viele Möglichkeiten, eine 4-Tage-Woche zu gestalten, wenn man sich von alten Gewohnheiten freimacht.
Und ja, es gibt immer noch viele Bereiche, die bei 40 h sind. Da ist eine 4-Tage-Woche schwieriger.
Das Problem ist in meinem Umfeld zur Zeit mehr, dass keine Arbeitskräfte da sind, bzw. die vorhandenenen nach Corona und/oder am Ende ihrer Laufbahn nur noch eingeschränkt leistungsfähig sind. Beides erhöht den Leistungsdruck massiv, so dass die Betriebe nur noch gerade so ihre Aufgaben erfüllen können. Eine 4-Tagewoche würde zwar mehr Erholungszeit bedeuten, da aber wahrscheinlich die Leute fehlen werden, um die reduzierte Arbeit zu ersetzen, wird sich die Arbeitsdichte in der Anwesenheitszeit erhöhen, was nicht notwendigerweise immer zu einer Verbesserung der Erholung führt.
Kommt auf die Branche und Region an. Die IGM ist nicht nur Metall und Elektroindustrie (wobei die Stahlindustrie auch seperat ist) sondern auch Holz und Kunstoff (z.B. Wohnwagen, Bootsbau), Textil und Kfz-Handwerk. Da variieren die Tarifbedingungen zwischen den einzelnen Branchen teilweise deutlich.
Soweit ich das verstehe geht es bei der Forderung nach einer Arbeitszeitsreduzierung in der Stahlindustrie vorallem darum einem Stellenabbau vorzubeugen. Muss man halt ein bisschen an den Schichten feilen, aber auf jeden Fall eine sinnvolle Forderung.
Was soll eigentlich immer diese Behauptung, solche Forderungen wären "utopisch" und ein Wohlstandsverlust würde drohen und man solle sich mit 42 Stunden / Woche an Schweiz und Schweden orientieren. Ich habe diesen merkwürdigen Satz schon oft gelesen, aber stimmt das auch so? Ich habe das Gefühl, es wird oft einfach pauschal gesagt "wir brauchen mehr Stunden, weil Wohlstand / Demographie", aber was diese Mehrstunden dann konkret bewirken sollen wird nie erklärt... Vor allem, da ja Arbeitsstunde != Arbeitsstunde bedeutet je nach Branche und Beruf. Was dieser "Wohlstand" ist, wird leider auch nie definiert. Wenn Wohlstand z.B. ein Dach überm Kopf bedeutet würde ich da mitgehen, wenn Wohlstand allerdings Luxus bzw. überschwänglicher Luxus bedeutet (ständig nach Malle fliegen, etc.), gehe ich da definitiv nicht mehr mit.
Zugegebenermaßen können Arbeitgeber zur Zeit auf Grund von Fachkräftemangel auch gar nicht so viele Leute einstellen wie sie wollen. Aber dann muss halt weniger produziert und weniger Wachstum generiert werden. Im Konsum zurückzutreten wäre eh überfällig.
Ist eigentlich auch ein wunderbarer Hebel: Entweder die Arbeitgeber stimmen massiven, inflationsangemessenen Lohnerhöhungen zu. Oder sie nehmen Arbeitszeitsenkungen als "Ersatz" an, was sie bei dem Fachkräftemangel aber nicht tun werden.